Asteroid 2004 BL86 passiert heute Abend die Erde

Am Abend des heutigen Tages bekommt die Erde wieder einmal Besuch von einem Asteroiden. Dabei wird der rund 500 Meter durchmessende Asteroid 2004 BL86 unseren Heimatplaneten gegen 17:19 MEZ in einer Entfernung von lediglich 1,2 Millionen Kilometern passieren. Diese Gelegenheit soll genutzt werden, um den Asteroiden eingehend mit verschiedenen Radioteleskopen zu untersuchen.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, DSN Goldstone.

NASA, JPL-Caltech
Bis Ende Dezember 2014 haben Astronomen fast 12.000 Asteroiden entdeckt, welche aufgrund der Parameter ihrer Umlaufbahnen um die Sonne als „Near Earth Asteroids“ bezeichnet werden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Zwischen den Umlaufbahnen der Planeten Mars und Jupiter befindet sich der Asteroiden-Hauptgürtel unseres Sonnensystems. In einer Entfernung zwischen 2,0 und 3,4 Astronomischen Einheiten (abgekürzt als „AE“) zur Sonne befinden sich dort vermutlich mehrere Millionen Asteroiden mit Durchmessern von mehreren hundert Kilometern bis hinunter zu lediglich wenigen Metern. Andere Asteroiden bewegen sich dabei auf Umlaufbahnen um die Sonne, welche sich deutlich näher an der Umlaufbahn unseres Heimatplaneten befinden. Diese Objekte werden von den Astronomen als „Near Earth Asteroids“ (kurz „NEAs“) bezeichnet. Bis zum Ende des Jahres 2014 wurden von Amateur- und Berufsastronomen fast 12.000 solcher NEAs entdeckt und jeden Monat kommen mehrere Dutzend weitere Objekte hinzu.

Asteroiden, welche auf ihrer Sonnenumlaufbahn die Umlaufbahn der Erde kreuzen und deshalb ein potentielles Risiko für eine Kollision mit unserem Heimatplaneten bergen, werden als „Potentially Hazardous Asteroids“ (kurz (PHAs“) bezeichnet. Derzeit sind mehr als 1.500 Asteroiden, welche über Durchmesser von lediglich wenigen Dutzend Metern bis hin zu mehreren Kilometern verfügen, als PHAs klassifiziert.

Der Asteroid (357439) 2004 BL86
Bei einem dieser Objekte handelt es sich um den Asteroiden (357439) 2004 BL86. Dieser Asteroid wurde bereits am 30. Januar 2004 im Rahmen des automatischen Himmelsdurchmusterungsprogramms LINEAR entdeckt. Im Rahmen mehrerer Nachfolgebeobachtungen zu Bahnbestimmung stellte sich heraus, dass auch dieser Himmelskörper zur Gruppe der „Potentially Hazardous Asteroids“ zählt. Der Asteroid gehört zur Klasse der sogenannten Apollo-Asteroiden, deren Umlaufbahnen in ihrem sonnennächsten Abschnitt die Umlaufbahn der Erde kreuzen, so dass eine Kollision mit der Erde auf lange Sicht nicht ausgeschlossen werden kann.

NASA, JPL-Caltech
Diese Animation zeigt den Bahnverlauf des Asteroiden 2004 BL86 und dessen dabei erfolgende Annäherung an die Erde.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Im Perihel – dem sonnennächsten Punkt seiner Umlaufbahn – befindet sich 2004 BL86 in einer Entfernung von 0,8967 Astronomischen Einheiten zur Sonne, was in etwa 134 Millionen Kilometern entspricht. Am sonnenfernsten Punkt seiner Umlaufbahn erreicht 2004 BL86 dagegen eine Entfernung von 2,1077 AE. Für einen kompletten Umlauf um die Sonne benötigt der Asteroid einen Zeitraum von einem Jahr und 307 Tagen. Dabei weist die Bahn des Asteroiden eine Inklination von 23,7 Grad gegenüber der Ekliptik auf.

Aufgrund der beobachteten Helligkeit des Asteroiden gehen die Astronomen mittlerweile davon aus, dass 2004 BL86 über einen Durchmesser von etwa 500 Metern verfügen dürfte. Unsicherheit besteht dagegen über die Dauer seiner Rotationsperiode, welche durch die Schwankungen in seiner Lichtkurve ermittelt wurde. Aufgrund der nur minimalen Helligkeitsveränderungen in der Lichtkurvenamplitude, welche lediglich 0,25 mag beträgt, gelangten die Astronomen J. Pollock und P. Pravec dabei zu zwei verschiedenen Ergebnissen. Für eine vollständige Drehung um seine Rotationsachse benötigt der Asteroid 2004 BL86 demzufolge entweder etwa 5 Stunden oder aber lediglich 2,6 Stunden. Über die Form und Gestalt des Asteroiden, über dessen Zusammensetzung oder über den inneren Aufbau stehen dagegen bisher keine Daten zur Verfügung.

Dichter Vorbeiflug an der Erde am 26. Januar 2015
Dies dürfte sich aber bereits in Kürze ändern, denn am Abend des heutigen Tages wird der Asteroid 2004 BL86 unseren Heimatplaneten gegen 17:19 MEZ in einer Entfernung von lediglich 1,2 Millionen Kilometern – dies entspricht in etwa der dreifachen Mondentfernung – passieren. Diese Gelegenheit soll genutzt werden, um den Asteroiden eingehender zu untersuchen. 2004 BL86 wird sich – von Süden kommend – in die Richtung der nördlichen Hemisphäre bewegen und dabei in der Nacht vom 26. auf den 27. Januar über mehrere Stunden hinweg eine Helligkeit von bis zu 9,1 mag erreichen. Einen klaren Himmel vorausgesetzt kann das Objekt somit auch von Amateurastronomen mit einem Fernrohr oder auch bereits mit einem lichtstarken Fernglas beobachtet werden.

NASA, JPL-Caltech
Die hier abgebildete 70-Meter-Parabolantenne des DSN-Komplexes in Goldstone/USA soll in den kommenden Tagen zur Radaruntersuchung des Asteroiden (357439) 2004 BL86 genutzt werden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Der Asteroid bewegt sich dabei vom Sternbild Wasserschlange zügig in Richtung des Sternbildes Krebs, wo er am Morgen des 27. Januar gegen 06:15 MEZ den Sternhaufen Praesepe passieren wird. Allerdings sagen die Wetterprognosen für die kommende Nacht leider eher schlechte Bedingungen für astronomische Beobachtungen voraus.

Geplante Radarbeobachtungen
Die professionellen Astronomen wollen den Asteroiden jedoch sowieso in erster Linie mit verschiedenen Radioteleskopen beobachten und studieren. Hierbei wird ein Radiosignal in Richtung des Asteroiden ausgestrahlt, dessen Reflexionen anschließend wieder aufgefangen werden. Unter anderem soll dabei erstmals am 26. Januar 2015 eine der Antennen des Deep Space Network (kurz „DSN“) der NASA eingesetzt werden, welche normalerweise für die Kommunikation mit Raumsonden genutzt wird.

Die mit der in Goldstone/USA stationierten 70-Meter-Antenne ‚DSS-14‘ geplanten Beobachtungen sollen Radaraufnahmen liefern, welche über eine Auflösung von bis zu 3,75 Metern verfügen. Weitere Asteroiden-Beobachtungen mit der Parabolantenne DSS-14 sind anschließend für den 27., 28., 30. und 31. Januar sowie für den 1. Februar vorgesehen. Allerdings wird bei diesen Beobachtungen die zu erzielende maximale Auflösung aufgrund der zunehmenden Entfernung zu dem Beobachtungsziel bereits deutlich niedriger liegen.

Eventuell, so die Hoffnungen der beteiligten Astronomen, kann in den kommenden Tagen auch erstmals ein erst kürzlich an der ebenfalls zu dem Goldstone-Komplex gehörenden 34-Meter-Antenne DSS-13 montierter moderner Transmitter genutzt werden. In diesem Fall wäre es möglich, Aufnahmen anzufertigen, welche eine Auflösung von sogar bis zu 1,87 Metern erreichen. Weitere Radarbeobachtungen des Asteroiden 2004 BL86 sind am 27. Januar mit dem Arecibo-Radioteleskop sowie am 27. und 28. Januar mit dem Green-Bank-Radioteleskop vorgesehen.

NASA, JPL-Caltech
Im Herbst 2012 wurde der Asteroid 2007 PA8 ebenfalls mit der 70-Meter-Antenne in Goldstone untersucht. Jedes dieser hier gezeigten neun Radarbilder deckt ein Feld von 1,7 x 1,7 Kilometern ab. Am 5. und 6. November 2012 – an diesen Tagen erfolgte die dichteste Annäherung des Asteroiden an die Erde – beträgt die Auflösung der Bilder 3,75 Meter pro Pixel. Am 2., 3. und 8. November lag sie bei 7,5 Metern. Am 31. Oktober sowie am 11., 12. und 13. November konnten dagegen bei entsprechend größeren Distanzen zwischen Erde und Asteroid immer noch 18,75 Meter pro Pixel erreicht werden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

„Wenn in den Tagen nach dem Vorüberflug die Radardaten vorliegen, werden uns die ersten detaillierten Aufnahmen zur Verfügung stehen“, so Lance Benner vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, der für die Beobachtungen des Asteroiden vom Goldstone-Komplex aus verantwortlich ist. „Zur Zeit wissen wir praktisch so gut wie gar nichts über diesen Asteroiden, so dass wir uns auf Überraschungen einstellen müssen.“

Die beteiligten Wissenschaftler erwarten, dass die Radarbilder einer Qualität entsprechen, welche sich mit Aufnahmen vergleichen lässt, die ansonsten nur auf die Untersuchung von Asteroiden spezialisierte Raumsonden aus kurzen Entfernungen anfertigen können.

„So nahe wie am 26. Januar wird der Asteroid 2004 BL86 der Erde mindestens 200 Jahre lang nicht mehr kommen“, so Donald K. Yeomans, der ehemalige Leiter des Near Earth Object Program Office der NASA. „Der Asteroid stellt somit in absehbarer Zeit keine direkte Gefahr für die Erde dar. Allerdings kommt uns hier ein relativ großer Asteroid vergleichsweise nahe, so dass sich eine einzigartige Gelegenheit bietet, ihn zu beobachten und mehr über ihn zu lernen.“

„Asteroiden sind etwas ganz Besonderes“, so Don Yeomans weiter, der das Near Earth Object Program Office der NASA seit dessen Gründung vor fast 17 Jahren geleitet hat und der erst kürzlich am 9. Januar 2015 nach einer 39jährigen Tätigkeit am JPL in den Ruhestand verabschiedet wurde. „Sie haben nicht nur die Erde mit den Bausteinen für das Leben und einen Großteil des Wassers versorgt. Sie könnten in Zukunft auch eine wichtige Quelle für Rohstoffe werden. Außerdem stellen sie für die Menschheit eine Art Zwischenstation bei der weiteren Erforschung unseres Sonnensystems dar. Asteroiden haben etwas, da muss ich einfach hinschauen.“ Für die Beobachtung des Asteroiden 2004 BL86 will der Pensionär am heutigen Abend sein Lieblingsfernglas nutzen.

Keine Gefahr für die Erde
Die am heutigen Abend erfolgende Annäherung des Asteroiden 2004 BL86 stellt definitiv keine Gefahr für die Erde dar. Allerdings ist dies laut dem derzeit gültigen Wissensstand bis zum Jahr 2027 die dichteste Annäherung eines mehr als 500 Meter durchmessenden Asteroiden an unseren Heimatplaneten. Erst am 27. August 2027 wird sich mit dem Asteroiden 1999 AN10 ein vergleichbar großes Objekt der Erde noch weiter nähern. Dieser etwa 800 bis 1.800 Meter durchmessende Asteroid wir die Erde dabei in einer Entfernung von sogar lediglich rund 390.000 Kilometern – dies entspricht in etwa der Entfernung des Mondes – passieren.

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