Ariane-5-Start: Eutelsat 172B und ViaSat 2 im All

Am 1. Juni 2017 startete um 23:45 Uhr UTC zu Beginn eines eine Stunde langen Startfensters vom Raumfahrtgelände Kourou in Französisch-Guayana eine Ariane-5-Trägerrakete mit zwei Kommunikationssatelliten an Bord. Die Erdtrabanten für die Eutelsat S.A. aus Frankreich und ViaSat, einem Anbieter von Breitbanddiensten und Kommunikationstechniklösungen aus Carlsbad im US-Bundesstaat Kalifornien, wurden nach rund einer halben Stunde Flug erfolgreich ausgesetzt.

Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: Airbus Defence and Space, Arianespace, Boeing, ESA, Eutelsat, ViaSat.

Ariane 5 ECA für VA237 auf der Startanlage

Rekordnutzlast für Ariane-5-ECA
Verwendet wurde eine Ariane-5-ECA, die von der Startrampe ELA-3 zum zweiten Flug einer Ariane 5 im Jahr 2017 abhob. Transportiert wurden bei der Mission VA237 der europäische Kommunikationssatellit Eutelsat 172B (Masse beim Start 3.551 kg) und der US-amerikanische Kommunikationssatellit ViaSat 2 (Startmasse 6.418 kg, unbetankt 4.197 kg).

Bei der Mission VA237 wurde laut Arianespace bei einer Gesamtstartmasse von rund 780 Tonnen 10.865 kg transportiert, von denen 9.969 kg auf die beiden Satelliten entfielen. Eutelsat 172B wurde zum 32. Satelliten für Eutelsat, der mit einer europäischen Ariane-Rakete ins All gelangte. ViaSat ist der 54. von Boeing hergestellte und von einer Ariane-Rakete in den Weltraum transportierte Satellit.

Nachtstart zur Mission VA237
(Bilder: ESA/CNES/Arianespace/CSG)

Beide Satelliten waren zusammen unter einer 17 Meter hohen Nutzlastverkleidung von RUAG mit einem Durchmesser von 5,4 Metern und einer Masse von rund 2.400 kg untergebracht. ViaSat 2 wurde als erster der Satelliten etwa 29 Minuten nach dem Start ausgesetzt, er saß zuoberst auf der Nutzlasttragstruktur SYLDA 5 B (SYLDA ist die Abkürzung von „Système de Lancement Double Ariane“, Ariane-Doppelstartvorrichtung). Nach Abstoßen der SYLDA wurde Eutelsat-172B dann rund 41 Minuten nach dem Start freigegeben.

Die zwei Satelliten werden aus dem erreichten Geotransferorbit (GTO) mit Perigäum von 249 km über der Erde (geplant 248,9 km) und einem Apogäum von 35.860 km über der Erde (geplant 35.848 km) mit eigenen Antrieben den Geostationären Orbit (GEO) ansteuern. Die Antriebe müssen auch den Abbau der Rest-Inklination, der verbliebenen Neigung der Bahn gegen den Erdäquator, von circa 6 Grad bewerkstelligen.

Eutelsat 172B beim Hersteller
(Bild: Eutelsat)

All-Electric: Eutelsat 172B
Eutelsat 172B ist eine Konstruktion von Airbus Defence and Space aus Toulouse in Frankreich und basiert auf der Satellitenplattform Eurostar E3000e. Eutelsats neuer Satellit soll im geostationären Orbit eine Position im Bereich von 172 Grad Ost beziehen, um von dort insbesondere Empfänger im asiatisch-pazifischen Raum zu versorgen. Dafür ist er mit 14 C-Band-, 36 Ku-Band-Standard- und weiteren 11 Ku-Band-Transpondern für hohen Durchsatz (~1,8 Gbps) ausgerüstet. Eutelsat 172A, den Eutelsat 172B ersetzen soll, wird laut Eutelsat künftig an einer anderen Position eingesetzt. Er war als AMC 23 für SES Americom gestartet worden und kreist seit dem 29. Dezember 2005 um die Erde.

Die C-Band-Transponder des neuen Eutelsat 172B adressieren den vollständigen asiatisch-pazifischen Raum mit Australien und Neuseeland sowie Alaska, Hawai und den Westen der vereinigten Staaten. Die Standart-Ku-Band-Transponder sind für die Versorgung von fünf Zonen gedacht: Der Nordpazifik-Downlink reicht vom Westen der USA über Kanada bis zum Osten Asiens mit Japan und Teilen von China und Russland. Der Südpazifik-Downlink deckt Australien und Neuseeland ab. Von Neukaledonien über Papua Neu Guinea, Indonesien und Malaysia bis Thailand und Myanmar erstreckt sich der Südwestpazifik-Downlink. Japan und die Philippinen können über den Norostasien-Downlink bedient werden, eine Reihe von Inselstaaten über den Südostpazifik-Downlink. Die 11 Ku-Band-Transpondern für hohen Durchsatz, deren Leistung mit Hilfe eines innovativen Multiport-Verstärkers (multi-port-amplifier, mpa) individuell angepasst werden können, ermöglichen elf insbesondere dem Luftverkehr gewidmete Ausleuchtzonen von der Westküste der USA über die Flugrouten über dem Pazifik und großen Teilen Südostasiens.

Eutelsat 172B in Kourou
(Bild: ESA/CNES/Arianespace/CSG)

Mit elektrischer Energie versorgt werden Antrieb und Kommunikationsnutzlast von Eutelsat 172B durch zwei Solarzellenausleger, die dem Raumfahrzeug mit einer Transportkonfiguration von 5,7 x 3,73 x 3 Meter zusammen eine Spannweite von insgesamt 39,3 Metern geben und rund 13 Kilowatt elektrische Leistung bereitstellen. Die vorgesehene Standzeit des dreiachsstabilisierten Raumfahrzeugs beträgt mindestens 15 Jahre.

Das Antriebssystem von Eutelsat 172B besitzt ausschließlich elektrische Triebwerke des Typs PPS-5000 von Safran/Snecma. Die elektrischen Hall-Effekt-Triebwerke zum Betrieb in einem Leistungsbereich zwischen 2 und 5 Kilowatt verwenden das Edelgas Xenon als auszustoßende Stützmasse. Sie haben einen Schub im Bereich von etwas unter 0,2 und etwas über 0,3 Newton, lassen sich jedoch sehr ausdauernd einsetzen. 15.000 Betriebsstunden soll ein einzelnes solche Triebwerk ableisten können. Montiert sind die vier Triebwerke paarweise an ausklappbaren und schwenkbaren Roboter-Armen. Eutelsat ist der erste kommerzielle Satellitenbetreiber, der einen Satelliten mit PPS-5000-Triebwerken besitzt.

PPS-5000-Triebwerke an Roboterarm in Transportkonfiguration
(Bild: Airbus Defence and Space / D.

Im Einsatz zum Abbau der verbliebenen Bahnneigung gegen den Erdäquator und der Ausbildung einer annähernden Kreisbahn werden die PPS-5000-Trieberwerke in einem Betriebsregime mit 300 Volt Versorgungsspannung und einem Leistungsbedarf im Bereich von 3.000 Watt für einen Schub im Bereich von 0,3 Newton mit einem spezifischen Impuls von ~1.700 Sekunden betrieben werden. Für den Bahnerhalt soll anschließend ein Modus mit einer Versorgungsspannung von 375 Volt, einem verringerten Schub von 0,18 Newton und einem spezifischen Impuls von 1.850 Sekunden zum Einsatz kommen.

Neuartig an Eutelsat 172B ist auch der Einsatz einer 3D-gedruckten Antennentragstruktur.

ViaSat 2 über der Erde – Künstlerische Darstellung
(Bild: Boeing)

Mit Chemie und Strom: ViaSat 2
Bei ViaSat 2 handelt es sich um ein von Boeing auf Basis des Satellitenbus BSS-702HP entworfenes und in El Segundo im Bundesstaat Kalifornien in den Vereinigten Staaten von Amerika gebautes, dreiachsstabilisiertes Raumfahrzeug, dessen Körper in Transportkonfiguration Maße von rund 6 auf 3 auf 2 Meter aufweist. Boeing war beauftragt worden, nachdem sich das Unternehmen in einem Bieterwettbewerb gegen Lockheed Martin durchgesetzt hatte. Space Systems/Loral (SS/L) wollte ViaSat nach Patentstreitigkeiten nicht mehr beauftragen. SS/L hatte ViaSat 1 gebaut.

ViaSat 2 ist dazu gedacht, Empfänger in der Karibik, in Nord-, Süd- und Zentralamerika sowie auf Routen von Luft- und Seefahrt über und auf dem Atlantik zwischen Europa und Nordamerika von einer Position bei 70 Grad West (laut ViaSat 69,9 Grad West) im Geostationären Orbit mit schnellen Zugriffsmöglichkeiten auf das Internet zu versorgen. Dementsprechend ist die Kommunikationsnutzlast von ViaSat 2 mit Ka-Band-Transpondern ausgestattet. Sie sollen einen Durchsatz von rund 300 Gbps ermöglichen.

Die Energieversorgung der Satellitensysteme von ViaSat 2 erfolgt durch zwei Solarzellenausleger. Am Ende der projektierten Einsatzdauer von mindestens 14 Jahren sollen die Solarzellenausleger von ViaSat 2 noch rund 16.100 Watt elektrische Leistung bereitstellen können (Leistung bei Betriebsbeginn 18.200 Watt). Für die Stromspeicherung besitzt der Satellit Lithium-Ionen-Akkumulatorensätze.

Mit seinem hybriden Antriebssystem aus chemischen und elektrischen Treibwerken wird das Raumfahrzeug einige Monate benötigen, bis es seine Betriebsposition im GEO erreicht. Nach Ende der kommerziellen Nutzung des Satelliten soll ihn sein Antriebssystem nach Angaben von ViaSat in einen Friedhofsorbit befördern, der rund 300 Kilometer oberhalb des GEO liegt.

Laut ViaSat wurden erste Signale des Satelliten bereits kurz nach dem Start von der Erdfunkstelle Hassan in Indien empfangen.

Eutelsat 172B wurde katalogisiert mit der NORAD Nr. 42.741 bzw. als COSPAR-Objekt Nr. 2017-029B, ViaSat 2 mit der NORAD Nr. 42.740 bzw. als COSPAR-Objekt Nr. 2017-029A.

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