Sie ist eine der erfolgreichsten Raketen der Welt: Einst für den bemannten Einstieg Europas entwickelt worden, ist die Ariane 5 ein wichtiger Träger für kommerzielle Satelliten und zur Versorgung der Internationalen Raumstation ISS.
Autor: Daniel Maurat.
Die Ariane 5 ist die bisher erfolgreichste westeuropäische Rakete. Mit ihr behaupten die ESA und Arianespace ihre Vormachtstellung im kommerziellen Geschäft. Aber es ist auch das Startvehikel des ATV, einem Versorgungsraumschiff der Internationalen Raumstation ISS.
Entwicklung
Die Entwicklung der Ariane 5 begann in den 1980ern, als die ESA beschloss, einen bemannten Zugang in den Weltraum aufzubauen. Mithilfe des 20 t schweren Raumgleiters Hermes wollte man unter anderem auch die mit den USA, Kanada und Japan geplante Raumstation Freedom versorgen. Das dazugehörige Modul Columbus wurde zu einem Programm mit eigener kleinen Raumstation, die mit Hermes hätte versorgt werden können.
Am 31. Januar 1985 beschloss die ESA, die Ariane 5 zu entwickeln. Bis Ende 1987 führte man Technologiestudien durch, die dann ab November 1987 in der Entwicklung gipfelten. Das Ziel war, Hermes in eine knapp suborbitale Bahn zu bringen. Den Rest hätte der Raumgleiter mit seinem eigenen Antrieb fertiggebracht. Als Startplatz wählte man das Centre Spatial Guyanais, wo schon die Vorgängermodelle Ariane 1-4 gestartet sind. Für die Rakete wurde eine eigene Startanlage,ELA-3 (Ensemble de Lancement Ariane 3, Startanlage Ariane 3) gebaut, da es wegen seiner Konfiguration nicht von den Rampen der vorherigen Träger starten konnte.
Dann änderte sich die Situation: Die ESA strich Hermes wegen zu hoher Entwicklungskosten. Zu diesem Zeitpunkt war die Rakete bereits in einem fortgeschrittenen Entwicklungsgrad, sodass man das Programm nicht aufgeben wollte. Und so machte man die Ariane 5 zu einem Satellitenträger, der vorrangig Kommunikationssatelliten in einen Geotransferorbit (GTO) bringen sollte, wofür die Rakete ursprünglich gar nicht ausgelegt war. Sie war nach dem Prinzip des amerikanischen Space Shuttles aufgebaut: Zwei große Feststoffbooster, den EAP (franz. Ètage aux Acceration á Poudre, Beschleunigungsstufe aus Festtreibstoff/Pulver), die den Großteil des Startschubs erbringen, eine Zentralstufe, der EPC (franz. Étage Principal Cryogénique, kyrogene Hauptstufe), die mit den hochenergetischen Triebstoffen LH2 (flüssiger Wasserstoff) und LOX (flüssiger Sauerstoff) betrieben wird, und eine kleine Kickstufe, der EPS (franz. Ètage aux Propulsives Storables, Stufe aus lagerfähigen Treibstoffen), um Hermes in einen knapp suborbitalen Orbit zu bringen. Dieser Aufbau, vor allem die ESP-Oberstufe, setzen der Nutzlast Grenzen. Man wollte mit einem Start zwei schwere Kommunikationssatelliten ins All transportieren, um den Preis für den Kunden geringer zu halten als bei anderen Anbietern, beispielsweise ILS mit der Atlas. Trotzdem nutzte man diese Version sehr oft und verbesserte die Rakete immer wieder, um deren Leistung weiter zu steigern. Aus der Basisversion Ariane 5G entwickelten sich die Versionen Ariane 5G+ und Ariane 5GS. Alle Versionen der Rakete werden, wie auch schon bei den Vorgängern, von der Firma Arianespace, einem Joint Venture verschiedener Firmen, hergestellt.
Schließlich beschloss die ESA, eine der Aufgabenstellung gerechte Oberstufe zu bauen. Diese mit flüssigem Wasserstoff und flüssigem Sauerstoff betriebene ESC (Ètage Secondaire Cryogenique, kyrogene Zweitstufe), sollte zunächst als ESC-A das Oberstufentriebwerk der Ariane 4 übernehmen, später aber als ESC-B ein stärkeres Triebwerk bekommen. Die ESC-A ist schon im Einsatz, die ESC-B noch in Entwicklung. Mit diesen Oberstufen wurde die Nutzlst enorm gesteigert und die Doppelstartfähigkeit beibehalten. Gleichzeitig wurden sowohl die Booster als auch die Zentralstufe verbessert. Diese Versionen der Ariane werden als Ariane 5 ECA und Ariane 5 ECB bezeichnet.
Als die ESA das ATV entwickelte, um die ISS zu versorgen, übernahm man die Verbesserungen der Ariane 5 ECA und nahm die Oberstufe ESP der Ariane 5GS, um damit das ATV, wie bei Hermes geplant, in einen knapp suborbitalen Orbit zu bringen. Den Rest kann das ATV mit seinen eigenen Triebwerken erledigen. Diese Rakete wird Ariane 5 ES ATVgenannt.
Technik
Die Ariane 5 ist eine „eineinhalbstufige“ Rakete, d.h. eine große Erststufe mit kleiner Oberstufe. Sie besteht aus folgenden Teilen: Den Boostern (EAP), der Zentralstufe (EPC) und der Oberstufe (entweder EPS oder ESC)
- Die Booster (EAP) sind 31,6 m lang haben einen Durchmesser von 3,05 m und wiegen mit Treibstoff 278,3 t (Daten: Ariane 5 ECA). Sie benutzen als Treibstoff HTPB, einen der gebräuchlisten Festtreibstoffe der Raumfahrt. Die Booster bestehen aus Aluminium, haben je einen Schub von 5.366 kN auf Meereshöhe und brennen 129 Sekunden lang. Nach dem Ausbrennen werden sie pyrotechnisch von der Rakete getrennt, fallen in den Atlantischen Ozean und können nicht wiederverwendet werden. Zusammen erbringen sie 90% des Startschubs. Darüber hinaus bestehen sie aus insgesamt drei Segmenten, von denen das kürzeste (obere) beim Hersteller Europropulsion bei Colleferro in Italien befüllt wird, während die beiden anderen in Kourou in einer eigenen Fabrik befüllt werden. Sie wurden schon mehrere Mal modifiziert: bei der Ariane 5G+ wurden die Düsen verlängert, bei der Ariane 5 ECA wurde die Abbrandgeometrie geändert und die Stufe erhielt 2,5 t mehr Treibstoff. Dies führt zu einem höheren Schub in den ersten 20 Sekunden des Flugs.
- Die Zentralstufe (EPC) ist 30,5 m lang, hat einen Durchmesser von 5,46 m und wiegt voll betankt 188,3 t (Daten: Ariane 5 ECA). Die Stufe nutzt als Triebstoff LH2 und LOX (flüssigen Wasserstoff und flüssigen Sauerstoff), der bisher energiereichste Treibstoff in der Raumfahrt. Alle Versionen der Stufe haben auf ihrer Spitze eine ringförmige Struktur, die VEB (Vehicle Equipment Bay). Hier befindet sich der Bordcomputer der Rakete. Das Triebwerk der Rakete, das Vulcain (Vulkan) hat einen Schub von 815 kN (Daten: Ariane 5G). Die Stufe hat eine Brenndauer von 605 Sekunden und ihre Hülle besteht aus Aluminium. Hergestellt wird sie von EADS Astrium Space Transportation in Les Mureaux, Frankreich. Die Stufe und das Triebwerk wurden mehrmals überarbeitet. Zum Beispiel wurde das Vulcain-Triebwerk modifiziert. Zunächst kam es zum Vulcain 1B, das einen etwas höheren Brennkammerdruck hat als das ältere Vulcain 1. Das Vulcain 1B wurde in der Ariane 5GS eingesetzt. Die nächste Weiterentwicklung war das Vulcain 2, das eine längere Düse hat, die für den Vakuumbetrieb optimiert ist. Auch wurden Schub, Brennkammerdruck und alle wichtigen Parameter verbessert. Zudem arbeitet es unter sauerstoffreicheren Bedingungen, weswegen der Sauerstofftank auf Kosten des Wasserstofftanks vergrößert wurde und eine neue Turbopumpe entwickelt werden musste. Damit stieg der Schub der Stufe auf 1.068 kN (Meereshöhe). Diese Version wird auf der Ariane 5 ECA und der Ariane 5 ES ATV eingesetzt.
- Die erste Oberstufe (EPS) stammt noch aus dem Hermes-Programm und sollte als Kickstufe dienen. Nachdem aber der Raumgleiter gestrichen wurde, musste sie nun Satelliten in einen GTO bringen, wofür sie nicht ausgelegt war. Die Stufe selber ist 3,36 m lang, hat einen Durchmesser von 3,96 m und wiegt voll betankt 11,2 t. Ihr mit Monomethylhydrazin (MMH) und Distickstofftetroxid betriebenes Triebwerk, Aestus, hat einen Schub von 29 kN und eine Brenndauer von 1.100 Sekunden. Die Treibstoffförderung erfolgt mittels Druckgas. Die dazugehörigen Heliumtanks befinden sich bei denen für die Treibstoffe. Die Stufe wird von EADS Astrium Space Transportation (ehemals Daimler Crysler Aerospace AG (DASA)) in Bremen gebaut. Eingesetzt wurde und wird die EPS in den Versionen Ariane 5G, Ariane 5G+, Ariane 5GS und Ariane 5ES ATV. Mit ihr wird eine maximale Nutzlast zwischen 6,6 t (Ariane 5G) und 8 t (Ariane 5ES ATV) für den GTO erreicht. Die Ariane 5ES ATV wird nur für den erdnahen Orbit (LEO) eingesetzt und kann bis zu 21 t dorthin bringen.
- Die zweite Oberstufe (ESC) ist dem Satellitenstart angepasst. Sie ist 4,71 m lang, hat einen Durchmesser von 5,43 m und wiegt voll betakt 17,96 t. Als Triebstoff benutzt es die gleichen Komponenten wie die Hauptstufe, nämlich LOX und LH2. Als Triebwerk benutzt die ESC-A das HM-7B der Vorgängerversion Ariane 4. Dieses hat einen Schub von 64,7 kN und eine Brenndauer von 970 Sekunden. Die maximale Nutzlast beträgt mit dieser Oberstufe 9,7 t für den GTO. Die ESC-A ist eigentlich nur eine Zwischenlösung. Die eigentliche Oberstufe ist die ESC-B. Sie unterscheidet sich vom Vorgänger nur durch ein neues Triebwerk, welches Vinci getauft wurde. Es ist (Stand Anfang 2011) noch in der Testphase und wird nicht vor 2015 eingesetzt. Mit dem Vinci-Triebwerk soll der Schub auf 180 kN erhöht, die Nutzlast auf 11,6 t gesteigert werden.
Eine Besonderheit der Ariane-Trägerfamilie ist die Doppelstartfähigkeit. Dafür stehen bei der Ariane 5 zwei Systeme zur Verfügung: das erste ist Speltra, ein unten offener Zylinder mit einem Durchmesser von 5,4 m, wie die Rakete. Auf ihr kann man einen Nutzlastadapter montieren und darüber eine Nutzlastverkleidung anbringen. Davon gibt zwei Versionen: eine 5,7 m lange Version mit 75 m³ nutzbarem Volumen und eine mit 7 m Länge und 100 m³. Ein Vorteil der Speltra ist, dass beide Satelliten die gleiche Größe haben können.
Die zweite Version ist Sylda-5, ein im Durchmesser 4,6 m großer, aus kohlefaserverstärktem Kunststoff bestehender, nach untern hin offener Zylinder. Davon gibt es sechs unterschiedlich langen Versionen, mit 4,9 bis 6,4 m Länge und 50 bis 65 m³ nutzbarem Volumen. Sylda-5 kann unter der Nutzlastverkleidung verstaut werden und ist etwas leichter als Speltra. Damit steht etwas mehr Nutzlast zur Verfügung. Sie wird öfter genutzt, da die meisten Satelliten auch unter Sylda-5 passen.
Technischen Daten
Stufen | 2 (plus Booster) |
Höhe | 59 m |
Durchmesser | 5,40 m |
Startschub | 11.800 kN |
Startmasse | 777 t |
Treibstoffmasse | 681,18 t |
Max. Nutzlast | 16.000 kg (LEO); 9.700 kg (GTO); 7.000 kg (Fluchtbahn |
Erster Start | 4. Juni 1996 |
Letzter Start | – |
Treibstoff | HTBP (EAP); LH2/LOX (1.Stufe + ESC-A); MMH/N2O4 (EPS) |
Triebwerke | Booster: 2x Europropulsion P240 1. Stufe: 1x Snecma Vulcain 2 2. Stufe: (EPS) 1x EADS Astrium Aestus 2. Stufe: (ESC-A) 1x EADS Astrium Hm-7B |
Starts
Bisher startete die Ariane 5 (Stand: August 2011) insgesamt 59 Mal, davon waren zwei Starts Fehlschäge und ein weiterer partiell. Gleich der erste Start, V-88, am 4. Juni 1996 mit einer Ariane 5G war ein Fehlschlag, als sich die Rakete nach 36 Sekunden selbst sprengte, weil sie vom Kurs abkam. Die Ursache war, dass im Bordcomputer die Steuerungssoftware der Ariane 4 installiert war und diese mit der stärkeren Rakete nicht zurechtkam. Sie begann mit einem extremen Kurswechsel, der dazu führte, dass sich die Rakete sprengte. Dabei wurden vier Cluster-Forschungssatelliten im Wert von 370 Millionen Euro zerstört. Der erste erfolgreiche Start fand am 30. Oktober 1997 statt.
Ein Teilfehlschlag fand am 12. Juli 2001 bei Flug V-142 statt, als die EPS-Oberstufe einer weiteren Ariane 5G eine zu geringe Leistung erbrachte und die Nutzlast in einem zu niedrigen Orbit aussetzte.
Der bisher letzte Fehlschlag war am 11. Dezember 2002 bei Flug V-157, dem ersten Start der Ariane 5 ECA, als in der 178. Flugsekunde die Rakete gesprengt werden musste. Grund dafür war ein Riss in der Verlängerung des neuen Vulcain-2-Triebwerks, worauf die Rakete vom Kurs abkam und von der Bodenstation zerstört wurde. Seither gab es in den letzten 44 Flügen keine Probleme mit der Rakete. Die wohl wichtigsten Einsätze waren am 2. März 2004 der Start der Kometensonde Rosetta beim Flug V-158, der Start des ersten ATV Jules Verne am 9. März 2008 bei Flug V-181 und der Start der beiden Weltraumteleskope Herschel und Planck am 14. Mai 2009 bei Flug V-188.
Zukunft
Die Zukunft der Ariane 5 ist rosig, da die ESA noch lange auf sie setzen wird. Sie ist die zur Zeit kommerziell erfolgreichste Rakete und die ESA denkt nach, sie noch weiterzuentwickeln. So will man das Vulcain-Triebwerk verbessern, um die Nutzlast weiter zu erhöhen. Auch könnte man die Ariane 5 dazu benutzen, das ARV (Advanced Reentry Vehicle), das auch zu einer bemannten Kapsel umgerüstet werden kann, zu starten. Somit könnte die Rakete ihrer ursprünglichen Bestimmung nachkommen und Westeuropa die bemannte Raumfahrt eröffnen.
Verwandte Artikel: