Als Mitte 2002 vom kalifornischen Vandenberg aus schließlich Aqua gestartet wurde, dann war dies nach dem europäischen Erdbeobachtungssatelliten ENVISAT schon der zweite Forschungssatellit im gleichen Jahr, dessen Ziel nicht die Erforschung anderer Planeten oder Galaxien, sondern die Erlangung neuer Erkenntnisse über die komplexen Prozesse in dem Ökosystem unserer Erde war.
Ein Beitrag von Michael Stein.
Einleitung
Die auf sechs Jahre angelegte Mission ist Teil des langfristigen Earth Science Enterprise-Forschungsprogramms der NASA, das mehrere Missionen umfasst.
Forschungsziele
Anders als ENVISAT fokussiert die Mission jedoch auf einen Teilbereich dieser miteinander vernetzten Prozesse: Wie der Name unschwer vermuten lässt, soll Aqua (lat. „Wasser“) vor allem Informationen über die Rolle des Wassers auf unserem Planeten sammeln. Die primäre Aufgabe des Satelliten ist die globale Gewinnung von Daten über Niederschläge, Verdunstung und Transport des Wassers in der Atmosphäre. Aqua soll Informationen über Veränderungen der großen ozeanischen Strömungen sammeln und durch seine Beobachtungen das Verständnis für die Auswirkungen der Wolken und sowie von Prozessen des Oberflächenwassers auf das Klima verbessern. Letztendlich werden Wissenschaftler durch diese Daten die Veränderungen des globalen Ökosystems besser verstehen können und auch mehr darüber wissen, wie auf unerwünschte Veränderungen des Weltklimas reagiert werden könnte. Auch ganz konkrete Verbesserungen wie beispielsweise genauere Wettervorhersagen werden durch die Daten des Satelliten erwartet.
Der Satellit
Aqua ist ein gemeinsames Projekt von den USA, Japan und Brasilien. Nach dem Start wird der Satellit einen sonnensynchronen polaren Orbit mit einer Höhe von ca. 705 km einnehmen und auf dieser Umlaufbahn den Äquator mit Flugrichtung Norden täglich gegen 13:30 Uhr (Ortszeit) überfliegen. Diese Flugbahn ist so gewählt worden, dass sie sich mit der des 1999 gestarteten NASA-Satelliten Terra ergänzt – die beiden Satelliten können dadurch dieselben Gebiete zu verschiedenen Tageszeiten beobachten und somit Veränderungen verschiedener wissenschaftlicher Parameter im Tagesablauf (wie z.B. Niederschläge) registrieren.
Das Raumfahrzeug ist im Orbit etwa 4,8 × 16,7 × 8,0 m groß und hat eine Masse von rund 3,1 t, wovon gut 230 kg Treibstoff für Kurskorrekturen und Lagekontrollmanöver sind. Das große Solarpaneel von Aqua erzeugt rund 4,6 kW elektrischer Energie, mit der unter anderem auch die sechs wissenschaftlichen Beobachtungsinstrumente an Bord betrieben werden.
Die Beobachtungsinstrumente von Aqua
AIRS („Atmospheric Infrared Sounder“) erstellt Temperaturprofile und misst den Gehalt von flüssigem und gasförmigem Wasser in der Atmosphäre. AMSU („Advanced Microwave Sounding Unit“) besteht eigentlich aus zwei Sensoren, deren Daten aber miteinander kombiniert und so behandelt werden, als würden sie einem Instrument entstammen. AMSU kann die Temperatur der unteren Atmosphäre bis hinauf zu einer Höhe von maximal 40 km auf 1° C genau messen, wobei die Messung in Höhenschichten von nur einem Kilometer möglich ist. Diese enorm exakten globalen Temperaturmessungen werden den Erwartungen der beteiligten Wissenschaftler zufolge zur Verbesserung der Wettervorhersage beitragen können. Darüber hinaus kann das Instrument auch noch Informationen über die Wolkendichte liefern. Das Instrument HSB („Humidity Sounder for Brazil“) wird Daten liefern, mit deren Hilfe man die Luftfeuchtigkeit von der Erdoberfläche bis hinaus in eine Höhe von etwa 10 km bestimmen kann. Aus den HSB-Daten können weiterhin Schlüsse über die Regenintensität in einem bestimmten Beobachtungsgebiet gezogen werden.
Gemeinsam werden aus den Daten von AIRS, AMSU und HSB vertikale Wasserdampf-Profile erstellt werden. Diese Informationen werden Wissenschaftlern eine genauere Schätzung der Verdunstungsraten über Land- und Wasserflächen ermöglichen.
Das doppelt vorhandene Instrument CERES („Clouds and the Earth’s Radiant Energy System“) misst das von der Erdoberfläche reflektierte Sonnenlicht, die von der Erde emittierte thermische Strahlung sowie die Gesamtsumme der Strahlung. Da Wolken natürlich auch einfallendes Sonnenlicht reflektieren, liefern die Daten von CERES auch weitere Informationen über die globale Wolkenverteilung. Zwei dieser Instrumente sind ebenfalls an Bord von Terra, dem bereits 1999 gestarteten „Schwester-Satelliten“ von Aqua. Der MODIS-Scanner („Moderate-Resolution Imaging Spectroradiometer“) wird kontinuierlich Weitwinkelaufnahmen der Erdoberfläche machen, um an Land, in den Ozeanen sowie in der Atmosphäre ablaufende Prozesse verfolgen zu können. Alle ein bis zwei Tage wird die gesamte Erdoberfläche gescannt werden. Dies geschieht sowohl durch Aufnahmen im Bereich des sichtbaren Lichts sowie der Wärmestrahlung. Auch von diesem Instrument befindet sich ein Exemplar an Bord von Terra.
Das sechste Instrument AMSR-E („Advanced Microwave Scanning Radiometer – EOS“) schließlich wird verschiedene Prozesse des atmosphärischen Wassers beobachten. Dieses Instrument kann Regenfälle registrieren sowie Daten über Luftfeuchtigkeit, See-Eis, Bodenfeuchtigkeit, Schneebedeckung von Landflächen sowie über Wassermengen in Wolken sammeln.
Ausblick
Man darf ohne Zweifel auf die Ergebnisse gespannt sein, die von den an der Auswertung der Aqua-Beobachtungsdaten beteiligten Wissenschaftlern in den kommenden Jahren zu erwarten sind. Gerade die Tatsache, das Aqua mit einem teilweise identisch ausgestatteten „Schwester-Satelliten“ kombiniert betrieben werden kann, eröffnet Möglichkeiten, die ein Satellit alleine nicht bieten kann. Wenn dann auch noch die internationale Zusammenarbeit das Konkurrenzdenken zwischen Europa und den USA überwinden kann und eine sinnvolle Zusammenführung der Daten der europäischen und amerikanischen Erdbeobachtungssatelliten möglich wird, dann werden wir sicher noch viel von Aqua lesen.