Apollo-Astronaut Edgar D. Mitchell in Brügge

Einer der wenigen Menschen, die den Mond betreten haben, nahm an einer Veranstaltung in Belgien teil. Raumfahrer.net hatte Gelegenheit zu einem Gespräch.

Ein Beitrag von Kirsten Müller.

Edgar D. Mitchell im Gespräch mit Kirsten Müller.
(Bild: Raoul Lannoy)

Am 23. und 24. März 2007 fand in Brügge (Belgien) eine Veranstaltung zum Thema „Bewusstsein – Eine holistische Perspektive, wissenschaftlich betrachtet“ statt, organisiert von der Stiftung „Vrienden van Luk en Rita“, die sich mit dem komplexen Gebiet „Bewusst-Sein“ auseinandersetzt. Einer der geladenen Gäste war der Pilot der Apollo 14-Mondlandefähre, Astronaut Dr. Edgar D. Mitchell, der einen eindrucksvollen Vortrag mit Bildern über seine Erfahrung auf der Mondreise hielt. Im Laufe der Veranstaltung hatte Raumfahrer.net-Reporterin Kirsten Müller kurz Gelegenheit, ihm einige Fragen zu stellen.

1930 in Hereford, Texas geboren, absolvierte Edgar Mitchell 1953-1954 eine Ausbildung als Militärpilot, war als solcher in verschiedenen Einheiten stationiert und arbeitete 1958-1959 als Testpilot. Danach absolvierte er ein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik, welches er 1964 mit der Promotion abschloss. Nach zwei Jahren Arbeit als Leiter des Projektmanagements für das Navy Field Office im Rahmen des Manned Orbiting Laboratory-Programms (MOL) begann er 1966 sein Training als Astronaut. 1969 war er Mitglied der Reserve-Besatzung von Apollo 10. Am Gemini-Programm konnte er nicht mehr teilnehmen, weil die Besatzungen dieser Flüge schon eingeteilt waren, als er zum Astronautenkorps stiess.

Stuart A. Roosa, Alan B. Shepard jr., Edgar D. Mitchell (v.l.n.r., 1971)
(Bild: NASA)

Am 31. Januar 1971 startete er zusammen mit seinen Kollegen Alan B. Shepard, Jr. und Stuart A. Roosa zur Apollo 14-Mission. Er war Pilot der Mondlandefähre „Antares“ und landete zusammen mit Alan Shepard am 5. Februar 1971 im Fra Mauro-Gebiet. Eigentlich hatte hier die Mondfähre von Apollo 13 landen sollen, hätte bei dieser Mission nicht jene fatale Explosion stattgefunden, nach der die Astronauten froh sein konnten, überhaupt wieder lebend zur Erde zu gelangen.

Insgesamt verbrachten Shepard und Mitchell 33 Stunden auf dem Mond, wobei sie zwei Aussenbordeinsätze durchführten. Beim ersten Ausstieg nahmen sie 19,5 kg an Proben Mondgestein und installierten einige Experimente und Messinstrumente auf der Mondoberfläche, in der Nähe der Mondlandefähre. Der zweite Ausstieg führte sie – als erste mit einem „Mondfahrzeug“, einer Art Golfkarre, mit der sie Kameraausrüstungen, Werkzeuge und ein Magnetometer mitnehmen konnten – auf einen Spaziergang in Richtung des Cone Crater, der schätzungsweise 2 km von der Landestelle entfernt war. Unterwegs wurden Proben genommen zur späteren Untersuchung auf der Erde. Der Staub auf dem Mond ist stark elektrostatisch und bleibt überall hängen – auch an den Stiefeln der Astronauten. Je mehr man sich dem Cone Crater näherte, desto grösser wurden die Felsbrocken, die die Astronauten sahen. Den Krater selbst schätzte man auf 200-300 m Tiefe. Die Astronauten erreichten den Krater aber nie, sondern traten vorher den Rückweg an, weil die Strecke doch länger war als ursprünglich angenommen und man wegen der Sauerstoffreserven kein Risiko eingehen wollte. Am 6. Februar verliessen Shepard und Mitchell den Mond wieder, um später in der Mondumlaufbahn am C/SM (Command/Service Module) „Kitty Hawk“ mit Stuart Roosa anzudocken.

Da Mitchell seine Aufgaben als Pilot der Mondlandefähre nach dem Andocken erfolgreich hinter sich gebracht hatte, hatte er auf dem Rückweg zur Erde einen eher ruhigen Arbeitsplan. Um eine ungleichmässige Erwärmung des C/SM durch die Sonne auszugleichen, wurde im „Barbecue Mode“ geflogen, so dass drei Tage lang abwechselnd innerhalb von 2 Minuten die Sonne, die Erde und der Mond aus dem Fenster sichtbar waren. Auch die Sterne konnte man sehr gut sehen. Weil es für Mitchell während der Rückkehr relativ wenig zu tun gab, konnte er diese Erfahrung um so intensiver auf sich einwirken lassen. Sie machte einen sehr tiefen Eindruck auf ihn.

Ein Navy-Taucher hilft Edgar Mitchell nach der Wasserung aus der Apollo 14-Landekapsel.
(Bild: NASA)

Bei der Apollo 16-Mission war Mitchell Mitglied der Reservemannschaft. Eigentlich hätte er bei Apollo 19 wieder mitfliegen sollen. Diese Mission wurde aber aus finanziellen Gründen von der NASA gestrichen. Für die Skylab-Flüge waren andere Astronauten eingeteilt, so verliess er die NASA nach dem Apollo-Programm, auch weil er nicht weitere 10 Jahre warten wollte, bis das Space Shuttle fliegen würde.

Stattdessen gründete er 1973 das „Institute of Noetic Sciences“, das sich mit dem Entwickeln von Bewusstsein aus einer holistischen Denkweise beschäftigt. Die Erfahrungen, die er während seiner Rückkehr vom Mond zur Erde machte, beeindruckten ihn so tief, dass er weder in religiösen Schriften noch in wissenschaftlichen Aufzeichnungen hinlängliche Beschreibungen dafür fand, was er in diesen Augenblicken fühlte. Er begann, Bewusstsein als ein Ganzes zu sehen, mit sowohl religiösen als auch wissenschaftlichen Aspekten. Ein tieferes Verständnis von Bewusstsein könnte zu einem neuen Blick auf Realität führen, wobei das Objektive und das Subjektive, Innen und Aussen, gesehen werden als gleichwertige Aspekte des Seins. Mittlerweile hat seine Bewegung über 200 Gruppen in den USA, Europa, Afrika und Asien, die Zusammenkünfte in ihrer lokalen Umgebung veranstalten.

Verwandte Artikel: Edgar D. Mitchell: „The Way of the Explorer: An Apollo Astronaut’s Journey through the Material and Mystical Worlds“ (Buch)

Verwandte Webseiten: Institute of Noetic Sciences (engl.)

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