Angosat 1, der erste Kommunikationssatellit für Angola, kreist seit dem 26. Dezember 2017 um die Erde. Anlass für Erfolgsnachrichten gibt es indes keinen. Der Hauptauftragnehmer, das Unternehmen Energia aus Russland, hat mittlerweile eingeräumt, dass es Probleme mit dem Stromversorgungssystem des Satelliten gibt.
Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: ANGOP, Broadcast Media Africa, Energia, GGPEN, MTTI, Russische Botschaft in Angola, Sputniknews.
Der neue Satellit basiert auf einem USP für Universal Satellite Platform genannten Bus, der sich bei seinen bisherigen Einsätzen nicht gerade durch bestechende Betriebssicherheit ausgezeichnet hat. Nachdem Gazprom Space Systems (früher auch Gazcom genannt), Betreiber einer Satellitenserie mit der Bezeichnung Jamal, 2009 beschlossen hatte, weitere bei Energia beauftragte und auf dem USP-Bus basierende Satelliten nicht abzunehmen, kam ein Vertrag zwischen dem Ministerium für Telekommunikation und Informationstechnik Angolas (Ministério das Telecomunicações e Tecnologias de Informação, MTTI) und Energia über die Lieferung eines auf dem USP-Bus basierenden Satelliten zustande. Nachdem eine verfügbare Trägerrakete gefunden war, konnte Angosat 1 nach entsprechender Ertüchtigung der Rakete schließlich am 26. Dezember 2017 ins All gebracht werden, Raumfahrer.net berichtete.
Das Raumfahrzeug mit einer Startmasse von rund 1.647 kg besitzt eine Kommunikationsnutzlast von Airbus Defence and Space aus dem französischen Toulouse mit 16 C-Band- und 6 Ku-Band-Transpondern. Zur Versorgung der Kommunikationsnutzlast mit einer Masse von 262,4 kg, der elektrischen Triebwerke (8x SPT-70 von Fakel bzw. Fackel) und der übrigen Satellitensysteme gibt es zwei Solarzellenausleger, die zusammen maximal rund sieben Kilowatt elektrischer Leistung bereitstellen können. Die Lebenserwartung von Angosat 1 liegt nach Angaben seiner Erbauer bei mindestens 15 Jahren. Er soll künftig eingesetzt werden, um die Republik Angola und den übrigen afrikanischen Kontinent mit Bild- und Datendiensten zu versorgen. Ob es dazu kommen wird, darf nach derzeitigem Stand mit einiger Berechtigung bezweifelt werden.
Energia teilte mit Datum vom 15. Januar 2018 mit, dass das neue Raumfahrzeug geplanten Tests unterzogen werde. Das ist soweit nicht ungewöhnlich. Üblicherweise durchlaufen Satelliten, die gerade im Weltraum eingetroffen sind und dort ausgesetzt wurden, eine Inbetriebnahmephase mit verschiedenen Tests, an deren Ende eine Abnahme durch den Auftraggeber erfolgen kann.
Bei Angosat 1 verläuft die Inbetriebsetzung keineswegs wie ursprünglich vorgesehen. Energia hatte, nachdem bereits kurz nach dem Start erste Pressemeldungen erschienen, die über mögliche Probleme mit dem Satelliten berichteten, mit Datum vom 27. Dezember 2017 mitgeteilt, der Satellit habe nach einer definierten Zeit den geplanten Orbit erreicht und eine Verbindung aufgebaut. Nach einer Weile seien aber keine Telemtriedaten mehr angekommen. Man sei dabei, die bisher erhaltenen Telemetriedaten zu analysieren, um festzustellen, ob man die Notfallsituation beseitigen könne. Am Folgetag gab Energia knapp an, man empfange wieder Telemetriedaten, die dafür sprächen, dass alle System an Bord von Angosat 1 arbeiten würden wie vorgesehen.
Dass nicht alle Systeme an Bord von Angosat 1 arbeiten wie vorgesehen, berichtete Energia dann in seiner Meldung mit Datum vom 15. Januar 2018. Die vom Satelliten empfangene Telemetrie habe es laut Energia ermöglicht, ein Problem beim Betrieb von den Komponenten des Stromversorgungssystems von Angosat 1 zu identifizieren. Derzeit seien Spezialisten von Energia dabei, die Verarbeitung vorliegender Telemetriedaten abzuschließen und eine Serie von Tests vorzubereiten.
Darüber hinaus teile Energia in der gleichen Meldung mit, dass Angosat 1 in naher Zukunft bei seiner Bewegung entlang des Geostationären Orbits (GEO) Richtung Westen den Empfangsbereich des Flugkontrollzentrums Koroljow verlassen werde. Angesichts der hohen Verantwortung bei Manövern im GEO sei entschieden worden, das Raumfahrzeug nicht aktiv zu beeinflussen, bevor es nicht wieder für die Bodenstation sichtbar werde. Laut Energia plane man die Wiederaufnahme der Arbeiten im Zusammenhang mit den Tests von Angosat für Mitte April 2018.
In der brasilianischen Ausgabe des staatlichen russischen Nachrichtenportals Sputniknews wird mit Datum vom 16. Januar 2018 berichtet, Angosat 1 sei nach Angaben von Energias Generaldirektor Wladimir Solntsew wegen eines Problems mit der Stromversorgung in einen Stromsparmodus versetzt worden, der in der Meldung auch „sicheres Betriebsregime“ genannt wird. Ein sogenannter Safemode ist nichts unübliches für Raumfahrzeuge in Schwierigkeiten. Er soll, kann aber durchaus nicht immer, gewährleisten, dass an Bord eines Raumfahrzeugs nur für einen Notbetrieb unmittelbar erforderliche Komponenten mit Strom versorgt und aktiviert sind, und die Lage im Raum eine solche ist, dass Strom erzeugt werden könnte und Kommunikationsverbindungen zur Erde prinzipiell möglich sind.
Die jüngsten Einlassungen von Energia kamen erst, nach dem Angosat 1 von Osten kommend in Flughöhen etwas über der Nominalhöhe des GEO an seiner an sich geplanten Einsatzposition vorbeigezogen war. Bereits vorher hatten Beobachter bei der Analyse von verfügbaren Bahnverfolgungsdaten vermutet, dass Angost 1 bis dato keine Manöver zur Veränderung seiner Umlaufhahn und zur Vorbereitung einer Stationierung im Bereich um 15 Grad Ost (laut Infrasat 12,8 Grad Ost) ausgeführt haben dürfte.
Angosat 1 ist wie bereits erwähnt mit einem elektrischen Triebwerkssystem ausgestattet. Wegen der im Vergleich zu aktuell verwendeten chemischen Antriebssystemen auf Kommunikationssatelliten erheblich geringeren Schübe seiner Triebwerke erfordern diese eine andere Einsatzplanung und längere Einsatzphasen. Darüber hinaus benötigen elektrische Triebwerke für ihren Einsatz nicht unerhebliche Mengen Strom, welchen bereitzustellen Angosat 1 es derzeit möglicherweise eben nicht möglich ist.
Warum das Stromversorgungssystem von Angosat 1 nicht arbeitet wie erwartet teilte Energia bis dato nicht mit und machte auch keine Angaben dazu, welche Komponenten des Stromversorgungssystems Auslöser der Schwierigkeiten sind oder sein könnten. Typische Szenarien bei Fehlern von Stromversorgungssystemen sind beispielsweise Beschädigungen an elektrischen Leitungen, Kurzschlüsse wegen unvorhergesehenen Umgebungsbedingungen, Kapazitätsprobleme mit Akkumulatoren, Defekte von Reglern zur Akkumulatorladung und Fehler beim Entfalten und beim Betrieb von Solarzellenauslegern.
Angosat 1 bewegt sich derzeit mit rund drei Längengeraden pro Tag westwärts. Wenn er nach einer fast vollständigen Erdumrundung wieder in den Empfangsbereich einer von Energia nutzbaren Bodenstation kommt, ist nicht auszuschließen, dass Energia noch einmal Daten vom Satelliten beziehen kann. Ob beim Weiterflug des Satelliten dann genug Zeit ist, ob der tatsächliche Zustand des Raumfahrzeugs es zulässt, und ob am Boden vor Ort bereitzustellende Kapazitäten an Arbeitskraft, Technik und Wissen überhaupt ausreichen können, um den Satelliten zu retten, ist unklar.
Bis dato gibt es von keiner der beteiligten Organisationen und Unternehmen direkt konkrete Aussagen, nach denen es nach dem Start und über einen bestimmten Zeitraum hinweg möglich war, den Satelliten mit Kommandos vom Boden aktiv zu beeinflussen. Die vorliegenden Bahnverfolgungsdaten geben darauf keinerlei Hinweis. Sie sprechen nicht gegen eine Annahme, dass bis dato kein Einsatz der Treibwerke an Bord erfolgt ist. Ein solcher Einsatz wäre im übrigen nur dann sinnvoll, wenn die am Hauptkörper angebrachten Solarzellenausleger und Antennenreflektoren entfaltet worden sind, weil sie die Triebwerke in der Transportkonfiguration abdecken. Auch dazu, dass die entsprechenden Entfaltungsvorgänge erfolgreich abwickelt wurden, liegen von offizieller Seite keine Informationen vor.
Angesichts der Informationslage sind bestimmte Aussagen kaum nachvollziehbar: Das Büro für das Management des nationalen Raumfahrtprogramms Angolas (Gabinete de Gestão do Programa Espacial Nacional, GGPEN) hatte mit Datum vom 29. Dezember 2017 mitgeteilt, nach einem Problem mit Ausgasen, Verunreinigungen und einer gewissen Untätigkeit des Bordrechners mit Ausfall von Telemetriedaten über einen gewissen Zeittraum gehe man von einem mittlerweile optimalen Zustand des Satelliten aus.
Die staatliche angolanische Nachrichtenagentur Agência Angola Press (ANGOP) meldete mit Datum vom 3. Januar 2018, der bevollmächtigte Botschafter der Russischen Föderation in der Republik Angola, Wladimir Tararow, habe in Luanda mitgeteilt, Angosat 1 arbeite wie vorgesehen, und platziere Angola innerhalb der internationale Gemeinschaft im Club der Weltraummächte. Die Botschaft selbst veröffentlichte ebenfalls einen Text, demzufolge alle Satellitensysteme trotz gewisser Schwierigkeiten regulär arbeiten würden.
Am 5. Januar 2018 meldete beispielsweise die Broadcast Media Africa, Manuel Homem, Angolas Minister für Information und Telekommunikation sei erleichtert, dass man in der Lage war, Angosat 1 (wieder) zu finden. In der selben Quelle heißt es, man habe einem Regierungssprecher von Seiten einer Arbeitsgruppe aus Technikern versichert, ein weiterer Abbruch der Verbindung mit der Ausrüstung (an Bord des Satelliten) werde nicht mehr vorkommen.
Alles in allem muss festgestellt werden, dass eine transparentere, offenere Informationspolitik es Beteiligten und Beobachtern eher ermöglichen würde, zu einer der den tatsächlichen Fakten gerecht werdenden Beurteilung der Situation zu kommen. Wenig aussagekräftige Mitteilungen, die den Veränderungen der Situation deutlich hinterherhinken, sind nicht geeignet, erforderliches Vertrauen zu untermauern und zu stärken.
Die Investitionen der öffentlichen Hand Angolas im Zusammenhang mit Angosat 1 betragen nach Angaben aus Angola rund 320 Millionen US-Dollar, umgerechnet rund 270 Millionen Euro.
Angosat 1 ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 43.087 und als COSPAR-Objekt 2017-086A.
Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum: