Aufgrund der sich in den letzten Jahren immer weiter verbessernden Technologie können Amateurastronomen mittlerweile in Regionen des Universums vordringen, welche bis vor kurzem nur den professionellen Astronomen mit ihren großen und entsprechend teuren Instrumenten vorbehalten waren. So ist es jetzt einem Amateurastronomen gelungen, mit einem vergleichsweise kleinen Teleskop eine Albedokarte des Jupitermondes Ganymed anzufertigen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: EPSC 2012.
Der griechische Amateurastronom Emmanouil I. Kardasis von der „Hellenic Amateur Astronomy Association“ hat mit einem handelsüblichen 28-Zenimeter-Teleskop, einer speziell für die Astrofotografie ausgelegten CCD-Kamera und einem Computerprogramm für die nötige Bildbearbeitung die erste von einem Hobbyastronomen hergestellte Albedokarte des Jupitermondes Ganymed angefertigt. Zur Herstellung der Karte montierte Emmanuel Kardasis eine CCD-Kamera an seinem Teleskop und fertigte damit ein Video des Jupitermondes an. Aus diesem Video suchte er die Bilder heraus, welche unter den besten Seeing-Bedingungen angefertigt wurden und somit die meisten Details des Mondes enthüllen. Diese Einzelaufnahmen wurden anschließend mit einer Bildbearbeitungssoftware gestackt und zu der besagten Albedokarte zusammengefügt.
Bei einer Albedokarte handelt es sich nicht um eine Karte, welche topografische Details einer Planeten- oder Mondoberfläche wiedergibt, sondern vielmehr um eine Karte, auf der das unterschiedliche Reflektionsvermögender Oberfläche – die Albedo – hervorgehoben wird, was wiederum Rückschlüsse auf die Gestalt und Zusammensetzung der das Licht reflektierenden Oberfläche gestattet.
Die von Emmanouil Kardasis produzierte Albedokarte erreicht eine Qualität, welche sich nicht hinter entsprechenden professionellen Karten von der Ganymed-Oberfläche verstecken muss. Auf ihr sind verschiedene Oberflächenformationen wie zum Beispiel die Phrygia Sulcus (eine Region aus Furchen und Grate mit einer Länge von 3.700 Kilometern Länge) und die Nicholson-Region (ein tiefliegender, dunkler Bereich auf Ganymeds Oberfläche) deutlich erkennbar. Dies ist lediglich eine weitere Demonstration von dem, wozu engagierte Amateurastronomen in der Gegenwart in der Lage sind.
„Von der Erde aus erscheint Ganymed lediglich als eine winzige Scheibe. Für das Erstellen von aussagekräftigen Bildern von Planeten benötigt man ein Teleskop mit einer Objektivöffnung von mindestens acht Zoll. Bei den Jupitermonden ist dagegen eine größere Öffnung nötig. Außerdem benötigen Sie ein stabiles Stativ, eine äußerst präzise Mechanik für die Nachführung des Teleskops, eine empfindliche Kamera, eine normalerweise frei verfügbare Software für die Bildbearbeitung, ein sehr gutes Seeing und sehr, sehr viel Geduld“, so Kardasis. „Wenn wir die gleiche Methode auch bei anderen Welten wie zum Beispiel dem vulkanisch aktiven Jupitermond Io anwenden, dann können wir dort vielleicht sogar die aufgrund des Vulkanismus regelmäßig erfolgenden Veränderungen auf der Oberfläche dokumentieren.“
Professionelle Teleskope können Albedokarten mit einer deutlich besseren Auflösung anfertigen. Allerdings ist die Anzahl der entsprechend ausgerüsteten Observatorien begrenzt, die Beobachtungszeiten sind limitiert und entsprechend teuer und Anträge auf Beobachtungskampagnen müssen mehrere Monate im Voraus eingereicht werden. Dies hat zur Folge, dass die professionellen Astronomen einzelne, speziell ausgewählte Objekte des Himmels nicht regelmäßig überwachen können und deshalb immer öfters auf die Unterstützung der Amateurastronomen angewiesen sind. In den vergangenen Jahren haben die sogenannten „Amateure“ mehrfach wertvolle Informationen über Kometen- und Asteroidenimpakte (Jupiter) oder das aktuelle Wettergeschehen (Saturn) geliefert, welche anschließend durch professionelle erdgestützte Observatorien, durch das Weltraumteleskop Hubble oder durch den Saturnorbiter Cassini weiterverfolgt wurden.
Zukünftige Beobachtungsprogramme von Amateurastronomen könnten dazu dienen, Atmosphärenveränderungen auf Planeten wie Uranus und Neptun oder dem Saturnmond Titan zu dokumentieren. Basierend auf diesen Resultaten können dann professionelle Astronomen und Planetenforscher ganz gezielt weiterführende Beobachtungen durchführen.
„Ich hoffe, dass meine Arbeit alle an der Astronomie Interessierten, welche über die entsprechende Ausrüstung verfügen, dazu inspiriert, entsprechende Beobachtungskampagnen durchzuführen“, so Emmanouil Kardasis.
Die gleichen Hoffnungen hegt auch G. S. Orton vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien. Im Rahmen der Raummission JUNO, welche ab dem September 2016 den Jupiter für ein Jahr ausführlich untersuchen wird, erhofft sich der Wissenschaftler eine enge und produktive Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft der Amateurastronomen, welche die wissenschaftlichen Beobachtungen des Jupiters und seiner Atmosphäre durch entsprechende Beobachtungsprogramme ungemein unterstützen können.
Die Ergebnisse der Arbeit von Emmanouil Kardasis und die damit verbundene Vorgehensweise wurde am heutigen Tag auf dem European Planetary Science Congress 2012, einer gegenwärtig in Madrid stattfindenden Fachtagung der Planetenforscher, vorgestellt.
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