Am Startturm

Die Arbeiten an der Raumsonde haben in den letzten Wochen schnelle Fortschritte gemacht, wie Michael Wittig, verantwortlicher Manager der Startkampagne von Mars Express, aus Baikonur berichtet.

Autor: Michael Stein

Der Startturm in Baikonur, von dem aus Mars Express am 2. Juni starten wird.
(Foto: ESA)

Wir haben unsere Einzeltests erfolgreich abgeschlossen, und der Stress für das Team hat in den letzten Tagen nachgelassen. Die Solarpaneele sind montiert und Mars Express ist in seine externe Thermal-Isolationsfolie (Multi Layer Insulation oder MLI) eingepackt: Die Sonde ist jetzt eine echte Schönheit geworden!

In der Zwischenzeit sind wir nach draußen zur Startplattform gewechselt, wo wir die abschließenden Vorbereitungen an der Raumsonde ausführen werden, während sie in den letzten fünf Tagen vor dem Start auf der Spitze der Rakete sitzen wird. Von unserem Hotel zur Startrampe zu fahren ist ein Abenteuer für sich. Die Plattform ist 50 Kilometer vom Hotel und rund 25 Kilometer von den wichtigsten Integrations-Einrichtungen entfernt, wo wir bisher gearbeitet haben, und der Straßenzustand ist weit von dem entfernt, womit der durchschnittliche verwöhnte Westeuropäer vertraut ist.

Als wir uns dem Startgebiet nähern passieren wir die Stelle, von wo aus die meisten Besucher den Start beobachten werden. Sie ist nur 1,5 Kilometer von dem Punkt entfernt, von wo aus die Rakete starten wird, was einen atemberaubenden Blick auf die in den Himmel steigende Rakete ermöglichen wird!

Den Elementen trotzen
Die meisten von uns werden im Mars Express Kontrollzentrum sein, üblicherweise der „Bunker“ genannt. Es ist unterirdisch und rund 150 Meter von der Startplattform entfernt gelegen. Während wir die Treppen in den Kontrollraum hinabsteigen verstehe ich woher er seinen Namen hat: Der Platz im Inneren ist sehr beengt und die dicken Betonwände sind wie bei Luftschutzbunkern im 2. Weltkrieg. Von hier aus also werden wir die letzten Stunden unseres Raumschiffs auf dem Planeten Erde überwachen…

Zeit, mit der Arbeit zu beginnen. Wir müssen verschiedene elektronische Ausrüstungsgegenstände und einige Kabel auf die Spitze des Startturms bringen. Das wird die Verbindung sein, über die unsere Computer im Bunker in den letzten Stunden vor dem Start mit Mars Express sprechen werden, und wir müssen sicherstellen, dass am Tag X alles funktionieren wird. Ein kleiner Aufzug bringt uns an die Spitze des Turms, wo alles permanent zu schwanken scheint. Als wir aus dem Lift treten wird es noch schlimmer: Wir sind auf einer offenen Plattform, rund 30 Meter über der Erde, und das Geländer erreicht kaum meine Hüfte. Wir müssen Windstärke 4-5 haben, es ist kalt, und auf einmal fühle ich mich wie auf einem Segelboot im Sturm.

Wir brauchen rund fünf Stunden um unsere gesamte Ausrüstung hier oben zu installieren und alle Verbindungen zum Bunker zu überprüfen. Ein gutes Ende eines schwierigen Arbeitstages!

Als der Wind abflaut erinnere ich mich an einen der emotionalsten Momente meines Berufslebens. Vor drei Jahren, während der Cluster II-Startkampagne, arbeiteten wir am selben Startturm, als plötzlich ein entferntes Grummeln unsere Arbeit unterbrach und jeder aufschaute. Eine Proton-Rakete mit dem ersten russischen Modul für die Internationale Raumstation hatte gerade abgehoben, gute 50 Kilometer von uns entfernt, und wir konnten sie als kleinen Punkt über uns sehen. Wir brachten die Cluster II-Mission damals zu einem guten Ende, und jetzt haben wir alle ein gemeinsames Ziel – den erfolgreichen Start von Mars Express!

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