Der mittlerweile über achtzehn Jahre im All befindliche Kommunikationssatellit Inmarsat I-4 F1 hat sich am 16. April 2023 nach einer Anomalie offenbar in einen Sicherheitsmodus versetzt. Arbeiten zur Wiederherstellung des regulären Betriebs laufen. Ein Beitrag von Thomas Weyrauch.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: Airbus/Astrium/EADS, Inmarsat, m-cramer Satellitenservices, Pivotel Group Pty Limited, TerraStar.
Der Betreiber des Satelliten, die Inmarsat Global Limited, bestätigte am 18. April 2023 das Vorliegen der Betriebsstörung nach einem am 16. April 2023 gegen 21:14 Uhr Weltzeit (UTC) aufgetretenen Ausfall und teilte weiter mit, man arbeite an der Wiederherstellung der über Inmarsat I-4 F1 ausgestrahlten Dienste.
Ein teilweiser Verlust im Energiesystem habe automatische Abläufe angestoßen, die dazu führten, dass die Ausstrahlung der via Inmarsat I-4 F1 realisierten Dienste nicht mehr möglich war. Dies kann der Art interpretiert werden, dass auf Grund eines Fehlerzustands an Bord des Raumfahrzeugs ein sogenannter Sicherheitsmodus (safemode) ausgelöst worden war.
Üblicherweise leitet dabei ein Bordcomputer angemessene und vorprogrammierte Notfallmaßnahmen ein, die mit dem Übergang in den Sicherheitsmodus und einem Zustand eingeschränkter Aktivität, definiertem Kommunikationsverhalten (Grundtelemetrie aktiv, Zustandsdatenübermittlung und Befehlsempfang möglich) und gesicherter Ausrichtung der Solarzellenausleger Richtung Sonne enden. Für Erdbobachtungssatelliten bedeutet derartiges regelmäßig, dass z.B. Beobachtungsequipment nicht mehr Richtung Erde zeigt und deaktiviert ist, bei einem Kommunikationssatelliten, dass die Kommunikationsnutzlast zur Stromersparnis heruntergefahren wird, und die Antennen der Kommunikationsnutzlast auf Grund der Lage des Raumfahrzeugs im All nicht mehr die vorgesehenen Ausleuchtzonen bedienen können.
Die Aufgaben des am 11. März 2005 an Bord einer Atlas V-Rakete von der Cape Canaveral Air Force Station (CCAFS) in Florida aus ins All transportierten Satelliten mit einer Startmasse von rund 5.959 Kilogramm (Leermasse unbetankt ~3.340 Kilogramm) hatten zwischenzeitlich teilweise andere Inmarsat-Satelliten übernommen, teilweise wurde auf technisch unterschiedliche Dienste als Rückfallebene zurückgegriffen, beispielsweise auf Kurzwellenfunk im Bereich der Luftverkehrslenkung und -Kontrolle.
Maritime Sicherheitsdienste, die auf andere Satelliten verlegt worden waren, senden nach der Reaktivierung des paketbasierten Dienstes Inmarsat C am 18. April 2023 wieder über Inmarsat I-4 F1.
Classic-Aero-Dienste für die Luftfahrt stehen laut Inmarsat seit dem 19. April 2023 wieder via Inmarsat I-4 F1 zur Verfügung.
Die neuerliche Einbindung von Inmarsat I-4 F1 in das Breitbandnetzwerk Broadband Global Area Network (BGAN (B-GAN), Sprach- und Datenübertragung mit hohen Übertragungsraten) ist nach Angaben von Inmarsat im Gange.
Über Inmarsat I-4 F1 auszustrahlende Dienste zur Satellitentelefonie (Global Satellite Phone Service, GSPS) erfordern laut Inmarsat weiter Arbeiten, die wegen der gemäß Inmarsat vorliegenden Komplexität der Angelegenheit noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen können.
Betroffen von dem Ausfall waren auch Dienste zur Verbesserung der Genauigkeit von Satelltennaviagtionssystemen (Space Based Augmentation Systems, SBAS). An Bord von Inmarsat I-4 F1 befindet sich eine Nutzlast dafür. Das Southern Positioning Augmentation System (SouthPAN) zur Verbesserung der Navigationsdatengenauigkeit in Australien und Neuseeland ist deshalb von dem Ausfall betroffen. SouthPAN soll im Regelbetrieb im Empfangsbereich eine Genauigkeitsverbesserung bei der Positionsbestimmung von 5-10 Metern auf rund 10 Zentimeter ermöglichen.
Inmarsat I-4 F1 basiert auf dem Satellitenbus Eurostar-3000GM. Er besitzt einen Grundkörper mit den Maßen 7,0 m × 2,9 m × 2,3 m, an dem zwei Solarzellenausleger und eine Gitternetzantenne von TRW für das L-Band mit einem Reflektor mit einem Durchmesser von neun Metern angebracht sind. Die beiden Solarzellenausleger geben dem Erdtrabanten eine Spannweite von 45 Metern. Die gemeinsame elektrische Nennleistung der beiden Ausleger beträgt 14 Kilowatt. Die Solarzellen auf den Auslegern verwenden eine Kombination aus Silizium und Galliumarsenid. Sie dienen dem Laden der Akkumulatoren an Bord und ermöglichen den Betrieb der Kommunikations- und Navigationsnutzlast, sowie der raumflugtechnischen System des Satelliten, unter denen sich vier elektrische, Xenon-Gas nutzende Triebwerke des Typs SPT 100 befinden.
Positioniert im Bereich von 143,5 Grad Ost des Geostationären Orbits (GEO) adressiert Inmarsat I-4 F1 Empfänger im asiatischen und pazifischen Raum, so u.a. in Australien und Neuseeland. Angesichts des Alters und insbesondere des für Bahnerhaltungsmanöver noch zur Verfügung stehenden Resttreibstoffs ist der Satellit seit einiger Zeit auf einer inklinierten Bahn unterwegs. Derzeit liegt die Neigung seiner Bahn gegen den Erdäquator bei rund 3,9 Grad.
Im Rahmen der Flottenerneuerung will Inmarsat viele der über Inmarsat I-4 F1 ausgestrahlte Dienste auf den am 22. Dezember 2021 gestarteten Inmarsat I-6 F1 übertragen und damit in den kommenden Monaten beginnen, teilte das Unternehmen mit. Inmarsat I-4 F1 hat das Ende seiner 13 jährigen Auslegungslebensdauer bereits deutlich überschritten. Am 17. Februar 2018 hatte der Satellit eine Störung seines Lageregelungssystems zu bewältigen.
Inmarsat I-4 F1 (Inmarsat-4F1, Inmarsat 4-F1, I4F1, PAC-W) ist katalogisiert mit der NORAD Nr. 28.628 und als COSPAR-Objekt 2005-009A.
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