Alte Galaxien im jungen Universum

Die derzeitige Theorie zur Entstehung von Galaxien geht von einem hierarchischen Modell aus, in dem kleinere Sternhaufen immer größeren Ansammlungen bilden und schliesslich massive Galaxien entstehen. Nach diesem Szenario gab es im frühen Universum keine massiven Galaxien.

Ein Beitrag von Ingo Froeschmann. Quelle: SpaceflightNow, SpaceRef.

Möglicherweise ist diese Erkenntnis aber falsch. Zwei Wissenschaftliche Teams aus Italien und den USA haben unabhängig voneinander bei Untersuchungen Galaxien gefunden, die es nach der Vorhersage nicht geben sollte. Die italienischen Astronomen haben bei ihren Beobachtungen am Very Large Telescope (VLT) der europäischen Südsternwarte in Paranal in Chile vier Galaxien gefunden, die ebenso schwer sind wie solche in näherer Umgebung unserer Milchstrasse. Das beobachtete Licht der Galaxien wurde vor zehn Milliarden Jahren ausgesendet, als das Universum erst dreieinhalb Milliarden Jahre alt war. Sie enthalten aber Sterne, die zu diesem Zeitpunkt bereits ein bis zwei Milliarden Jahre alt sind, also müssen diese Galaxien bereits eineinhalb bis zweieinhalb Milliarden Jahre nach dem Urknall entstanden sein.

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Die Circinus -Galaxie in einer Aufnahme des Hubble-Teleskops – gab es keine massiven Galaxien im frühen Universum?
(Bild: NASA/ESA)

Die amerikanischen Astronomen um Karl Glazebrook führten ihre Beobachtungen am Gemini North Telescope auf Hawai durch. Sie beobachteten 300 Galaxien und auch sie fanden einige superschwere und vollständig entwickelte Galaxien. Ihre Beobachtungsreihe ist eine der umfangreichsten die zu diesem Thema gemacht wurde.
Beide Wissenschaftler Teams sind nun auf der Suche nach Erklärungen. Glazebrook vermutet, dass es noch ein unbekanntes Element bei der Enstehung von Galaxien gibt, das zur Zeit noch nicht verstanden wird. Die Italiener vermuten, dass die gefundenen Galaxien zu einer Klasse gehören, die noch nicht entdeckt und beschrieben wurden. Klar ist, dass sich superschwere Galaxien im frühen Universum wesentlich schneller entwickelt haben als bislang vermutet.

Hintergrund: Die K20 Zählung
Um die Entstehung von Galaxien besser verstehen zu können und um das hierarchische Modell zu überprüfen, haben die italienischen Astronomen das VLT der europäischen Südsternwarte sozusagen wie eine Zeitmaschine verwendet, um weit entfernte elliptische Galaxien zu finden. Das war aber nicht ganz trivial. Entfernte Galaxien mit ihrem hohen Anteil an alten Sternen sind leuchtschwache Objekte am Nachthimmel. Hinzu kommt die starke Rotverschiebung (die Rotverschiebung ist umso höher, je grösser die Entfernung zum beobachteten Objekt ist) so dass die Galaxien nur im infraroten Bereich beobachtet werden können. Aus diesem Grund lag der Enternungsrekord für eine elliptische Galaxie auch schon seit fast zehn Jahren bei einer Rotverschiebung von 1,55. Aber davon liessen sich die Italiener nicht abhalten und erarbeiteten sich Spektogramme von 546 lichtschwachen Objekten in einem Gebiet das nicht grösser ist als ein Zehntel des Mondes. Die Belohnung waren vier lichtschwache Galaxien mit Rotverschiebungen zwischen 1,6 und 1,9, neuer Rekord.

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