Einige Teile von Albert Einsteins Relativitätstheorie galten lange Zeit als unbestätigt. Die internationale Forschergemeinschaft konnte nun einen weiteren Durchbruch erringen und Einsteins Theorie an Neutronensternen erproben.
Ein Beitrag von Martin Ollrom & Axel Orth . Quelle: Goddard Space Flight Center.
Gemeinsam sind wir stark! Nach diesem Motto arbeiteten europäische, amerikanische und japanische Forscher zusammen. Nachdem sie alle zur Verfügung stehenden Röntgenteleskope verwendet hatten, konnten sie Einsteins vorhergesagte Verkrümmung und Verzerrung der Raumzeit anhand von drei Neutronensternen nachweisen. Das Besondere an dieser Entdeckung ist nicht primär der Nachweis dieser Verzerrung, sondern die effiziente Technik, die zur Untersuchung dieser Sterne verwendet wurde.
Doch warum wurden ausgerechnet Neutronensterne für diese Untersuchungen herangezogen? Die Antwort ist einfach: Neutronensterne besitzen die größte beobachtbare Materiedichte im Universum. Dies bedeutet, dass die Auswirkungen auf die Raumzeit in deren Umgebung um einiges höher sind als anderswo – übertroffen nur noch von Schwarzen Löchern. Bemerkenswert an diesen Sternen ist, dass sie die Masse unserer Sonne in einem Bereich sammeln, der kaum größer als eine Stadt ist. Anders gesagt: Wenn man eine volle Tasse mit Material aus einem Neutronenstern entnehmen könnte, hätte man mehr Masse als die des gesamten Mount Everest. Der Umstand einer solch hohen Dichte ist ein gefundenes Fressen für die Wissenschaft. Diese will natürlich herausfinden, wie ein Stern eine derart hohe Dichte aufweisen und diese in einem so kleinen Bereich ansammeln kann. Natürlich sind die Auswirkungen auf die Umgebung eines solchen Sterns ebenfalls interessant.
„Das ist ausgesprochene Grundlagenphysik“, sagt Sudip Bhattacharyya vom NASA Goddard Space Flight Center. „Es könnte dort exotische Partikel oder Teile von Materie geben, wie zum Beispiel Quark-Materie. Diese Quarks können wir im Labor nun mal nicht nachbilden. Der einzige Weg, die Vorgänge zu verstehen, ist die Untersuchung von Neutronensternen.“
Um Antworten auf die offenen Fragen zu finden, müssen die Forscher sowohl die Masse als auch den Durchmesser eines Neutronensterns genau vermessen. Als Testobjekt hat man ein Zweisternsystem, bekannt als Serpens X-1, gewählt, bestehend aus einem Neutronenstern und einem normalen Stern. Der Neutronenstern wird von einem scheibenförmigen Gebilde umrundet, einer so genannten Akkretionsscheibe. Innen, also bis unmittelbar über der Sternenoberfläche, rotiert heißes Gas mit bis zu 40 Prozent der Lichtgeschwindigkeit. Außen werden das Gas und der Neutronenstern von heißem Eisenatomen umrundet. Die Spektrallinie dieser Eisenatome war es, auf die die Forscher ihre Untersuchungen stützten.
Ältere Röntgenteleskope konnten zwar die Eisenatome um einen Stern entdecken, aber die Sensitivität der Raumsondeninstrumente reichte zur Vermessung und genaueren Untersuchung der Form der Spektrallinie nicht aus. Erst mit Hilfe der europäischen Raumsonde XMM-Newton fanden die Forscher heraus, dass sich die Linie durch die extreme Rotationsgeschwindigkeit der inneren Gasteilchen asymmetrisch verbreitert. Die Linie wird verschmiert und verzerrt durch den Dopplereffekt und Strahleneffekte, die Einstein in seiner Speziellen Relativitätstheorie vorhergesagt hat. Die Verkrümmung der Raumzeit durch die gewaltige Gravitation des Neutronensterns verschiebt zudem seine Eisen-Spektrallinie hin zu höheren Wellenlängen.
„Wir kannten diese asymmetrischen Linien schon von Schwarzen Löchern. Dies ist nun die erste Bestätigung, dass Neutronensterne sie ebenfalls aufweisen. Es beweist, dass Neutronensterne auf ähnliche Weise Materie ansammeln wie Schwarze Löcher, und dies gibt uns ein neues Werkzeug, Einsteins Relativitätstheorie zu beweisen“, erklärt Tod Strohmayer, ein führender Wissenschaftler bei diesen Untersuchungen.
Die Ergebnisse konnten von einer weiteren Forschergruppe unter Führung von Edward Cackett und Jon Miller von der Universität Michigan – die Bhattacharyya und Strohmayer einschloss – mit dem japanisch-amerikanischen Röntgenteleskop Suzaku bestätigt werden. Suzaku wurde auf gleich mehrere Neutronensternpaare angesetzt und bewies auch bei diesen die Existenz der verzerrten Eisen-Spektrallinie. „Wir sehen im Prinzip Gas, das die Oberfläche des Neutronensterns umwirbelt. Dadurch können wir aus den Messungen auf den Durchmesser des Sterns schließen. Diese Sterne können demnach nicht größer sein als 30 bis 33 Kilometer – ein Wert, der mit anderen Untersuchungsmethoden übereinstimmt.“
Die nächsten Schritte
Neben dem Ziel, Einsteins Theorie zu erproben, haben die Forscher der Astronomie eine neue Untersuchungsmethode erschlossen. „Durch den Nachweis dieser relativistischen Eisenlinie um drei Neutronensterne haben wir eine neue Technik etabliert“, erklärt Jon Miller. „Es ist sehr schwierig, die Masse und den Durchmesser eines Neutronensterns zu messen, daher müssen wir zusammenarbeiten und mehrere Techniken entwickeln.“ Masse und Größe eines Neutronensterns zu wissen, würde der Wissenschaft erlauben, auf die „Steifigkeit“, beziehungsweise das Stoffgesetz seiner unglaublich dicht gepackten Materie und die Vorgänge in der Akkretionsscheibe um den Stern zu schließen.
Aufgrund der ehrgeizigen Ziele dürfen wir uns auf weitere interessante Entdeckungen freuen. Aber nur, wenn die Forscher zusammenarbeiten. Denn: „Nur zusammen sind wir stark!“