Delta III

Die Delta III sollte eigentlich das alte Delta-Konzept verbessern, doch wurde es zu einem Desaster und verschwand wieder sang- und klanglos, wobei sie aber den Weg für die Delta IV bereitete.

Autor: Daniel Maurat.

Geschichte

Die zweite Delta III auf der Startrampe in Cape Canaveral vor ihrem Fehlstart. An Bord der Kommunikationssatellit Orion 3.
(Bild: Boeing)

Die Geschichte der Delta III begann damit, dass man einsah, dass die Entwicklung der Delta II an ihre Grenzen gestoßen ist. Das Konzept der Delta II konnte nicht mehr Nutzlast in den Orbit bringen als es schon tat. So begann man beim Hersteller der Delta, dem Luft und Raumfahrtkonzern Boeing (zuvor McDonnell Douglas, wurde aber von Boeing übernommen), die Delta für schwerere Nutzlasten zu überarbeiten.

Die Entwicklung der Delta III ging nicht, wie sonst üblich, von der US Air Force oder der NASA aus, sondern kam auf Initiative von Boeing selbst. Deswegen wurden auch keine staatlichen Mittel zur Entwicklung bereitgestellt, sondern Boeing musste die gesamte Entwicklung selber finanzieren. Doch schon kurz nachdem man 1995 den Bau der Delta III beschloss, machte man einen lukrativen Vertrag mit dem Satellitenbauer Hughes Space and Communications (inzwischen auch Teil von Boeing), der besagte, dass die Delta III 16 von Hughes Space and Communications gebaute Satelliten starten sollte. Mit diesem Geld finanzierte man dann die Entwicklung der neuen Rakete.

Erreicht sollte die höhere Nutzlastkapazität mit einer völlig neuen Oberstufe, die für die Delta angemessen war, denn die bisher genutzten Delta-Oberstufen waren viel zu unterdimensioniert für die Erststufe. Diese neue Oberstufe entwickelte man um das Triebwerk der wohl bedeutendsten Oberstufe für das US-Raketenprogramm, der Centaur. Erstmals sollte somit auch eine Stufe, die mit flüssigem Wasserstoff und flüssigem Sauerstoff betrieben wird, auf der Delta eingesetzt werden. Darüber hinaus überarbeitete man die Erststufe, damit diese die neue Oberstufe aufnehmen kann. Auch wurden die Booster, die den Start der Rakete unterstützen, im Gegensatz zur Delta II vergrößert und verfügten über mehr Treibstoff und einen höheren Schub. Ein Vorteil für Boeing war, dass man, bis auf die Booster, alle größeren Bestandteile der Rakete bei sich im Unternehmen hatte (Der Hersteller der Centaur, Pratt & Whitney, wurde genauso wie McDonnell Douglas von Boeing aufgekauft).

Im Sinne der Delta-Nomenklatur hatte auch die Delta III eine vierstellige Zahlenfolge, die als erste Ziffer die 8 hatte. So hieß die Delta III auch Delta 8000. die restlichen Zahlen geben die Anzahl der Booster (zweite Ziffer), die verwendete Zweitstufe (dritte Ziffer) und die verwendete Oberstufe (vierte Ziffer) an. So nannte man die neue Rakete auch Delta 8930.

Technik

Die Delta III verfügt über zwei Stufen sowie über Startbooster:

  • Die Booster waren eine Neuentwicklung für die Delta III. Diese GEM 46 genannten Booster basierten auf den GEM 40-Boostern der Delta II, waren jedoch länger und hatten einen größeren Durchmesser. An sich war ein GEM 46-Booster 14,7 m lang, hatte einen Durchmesser von 1,17 m und wogen voll betankt je 19,13 t. Die von ATK gebauten Booster bestanden aus Kohlefaserverbundwerkstoffen, woraus sich zusammen mit dem Durchmesser des Boosters der Name ableitete (GEM 46 engl. Graphite-Epoxy Motor für Graphit-Epoxy Motor und die Zahl für 46 Inch (46 Zoll = 1,17 m)). Von dem Booster gab es zwei Versionen, eine Ground lit– und eine Air lit-Version. Der Unterschied bestand darrin, dass die Air lit-Version eine größere, an den Vakuumbetrieb angepasste Düse hatte, da sie erst nach dem Ausbrennen der Ground lit-Version zündete. Ne nachdem, welche Version man benutzte, erzeugte der Booster einen Schub von entweder 537,7 kn (Ground lit) bzw. 579,3 kN (Air lit), wobei beide Versionen 74 Sekunden brannten. Als Treibstoff nutzte man den bewähren Festtreibstoff HTPB. Die Rakete nutze, wie ihre Vorgängerin Delta II, neun Booster beim Start, wobei die sechs Booster der Ground Lit-Version zuerst zündeten. Nachdem sie ausgebrannt waren, zündeten die restlichen drei Air Lit-Booster. Darauf wurden dann die ausgebrannten Booster abgeworfen. Nachdem auch die restlichen drei Booster ausgebrannt waren, wurden auch sie abgetrennt und die Rakete flog alleine weiter.
  • Die erste Stufe war eine Erststufe der Delta II vom Typ Thor XLT-C (XLT steht für Extra Extendet Long Tank Thor), die jedoch für die Delta III stark überarbeitet wurde. Die Erststufe hatte an der Basis einen Durchmesser von 2,44 m und an der Spitze einen von 4 m. Sie war 20 m lang und wog voll betankt 102,37 t. Das einzelne Rocketdyne RS-27A-Triebwerk hatte einen Schub von 923,7 kN (auf Meereshöhe) und brannte 257 Sekunden lang. Als Treibstoff nutze man die altbewährte Treibstoffkombination RP-1 (Kerosin) und LOX (flüssiger Sauerstoff), der schon seit den Anfängen der Thor genutzt wurde. Das Besondere an dieser Delta-Erststufe, dass der Kerosin-Tank nun einen Durchmesser von 4 m hat, während die restliche Stufe den alten Durchmesser von 2,44 m beibehielt. Dies lag daran, dass die neue Zweitstufe einen Durchmesser von 4 m hatte und so die Stufe eine gute Auflage braucht, um stabil auf der Rakete zu bleiben.
  • Die neue Zweitstufe basierte im Entferntesten auf der altbewährten Centaur-Oberstufe. Aber bis auf das Triebwerk, das eine verbesserte Version des Centaur-Triebwerks war, war dies eine komplett neu konstruierte Oberstufe. An sich war die Stufe 8,8 m m lang, hatte einen Durchmesser von 4 m und wog voll betankt 19,08 t. Das einzelne Pratt & Whitney RL-10B-2-Triebwerk hatte einen Schub von 110 kN und brannte 690 Sekunden lang. Das Besondere an dem RL-10B-2 war, dass die Düse eine Verlängerung hatte, die nach der Stufentrennung ausgefahren wurde und über die restliche Düse gezogen wurde. Diese Extendable Nozzle führte dazu, dass das Triebwerk viel effizienter arbeiten konnte und so die Stufe an sich leistungsfähiger wurde. Als Treibstoff nutzte man den hochenergetischen Treibstoffmix aus LH2 (flüssiger Wasserstoff) und LOX (flüssiger Sauerstoff). Da sowohl LH2 und LOX nur bei sehr niedrigen Temperaturen flüssig sind (LOX bei -182 °C, LH2 sogar erst bei -260 °C), braucht man eine gute Isolierung vor allem für den Wasserstofftank. Diese adaptierte man von der Isolierung des Externen Tanks des Space Shuttles, welches auch LH2 und LOX als Treibstoffe nutzt. Später wurde aus dieser Stufe die Zweitstufe der Delta IV entwickelt, die heute eine Stütze des US-Raketenprogramm ist.

Zusätzlich hätte man eine Oberstufe vom Typ Star 48B (auch PAM-D genannt) benutzen können, um Raumsonden starten zu können. Eine solche Delta III hätte den Zahlencode Delta 8935 bekommen.

Starts

Die Delta III startete zwischen 1998 und 2000 insgesamt dreimal, wobei die ersten zwei Flüge fehlschlugen, während der dritte Flug wenigstens als Teilerfolg angesehen werden kann. Man startete ausnahmslos immer vom Launch Complex 17B von Cape Canaveral aus, welches auch von der Schwesterrakete Delta II benutzt wurde. Beim ersten Start am 27. August 1998 verbrauchten die GEM 46-Booster den Treibstoff zum Steuern der Düsen zu schnell, weswegen die Rakete vom Kurs abkam. Schließlich musste der Range Officer die Rakete sprengen, wodurch der Kommunikationssatellit Galaxy 10 auch zerstört wurde.

Auch der zweite Start schlug fehl, weil das RL-10B-2-Triebwerk der zweiten Stufe nicht anlief. Dadurch konnte die Rakete mit dem Kommunikationssatelliten Orion 3 nicht auf die endgültige Bahn des Satelliten gebracht werden und verglühte nach einer halben Erdumkreisung über dem Indischen Ozean.

Der dritte Start schließlich war nur ein Teilerfolg, bei dem man den Nutzlastsimulator DM-F3 startete. Ziel war es die Attrappe auf eine Bahn mit einem so hohem Apogäum wie möglich zu bringen, bis die zweite Stufe ihren Treibstoff verbraucht hatte, Doch anstatt des anvisierten Apogäum von 25.000 km erreichte man gerade mal ein Apogäum von 20,655 km (wobei man eine Fehlermarge von ± 1.500 km), was darauf schließen lässt, dass die maximale Nutzlast der Rakete nicht richtig berechnet wurde.

Dieser Fehlschlag war zu viel für Boeing: Man beschloss, die Delta III, einst als „das größte Update der Delta“ bezeichnet, still und leise außer Dienst zu stellen. Die schon gebuchten Nutzlasten startete man schließlich mit der Delta IV, der Atlas V oder der Zenit 3SL bei Sea Launch (bei der Boeing beteiligt ist). Doch war die Delta III ein erster Schritt zum EELV, aus dem die Delta IV wurde.

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