Nachfolgend finden Sie einen chronologischen Überblick über die wichtigsten Ereignisse während des Eintritts von 2001 Mars Odyssey in den Mars-Orbit.
Autor: Michael Stein
Hinweis: Alle hier angegebenen Zeiten sind „Erd-Empfangszeiten“ in Universal Time (UT). Als „Erd-Empfangszeit“ wird die Zeit bezeichnet, zu der ein Funksignal von einem Mars Odyssey-Ereignis auf der Erde eintrifft. Da die Raumsonde zum Zeitpunkt des Eintritts in den Marsorbit 8,5 Lichtminuten von der Erde entfernt ist bedeutet dies, daß jedes hier aufgeführte Ereignis tatsächlich bereits 8 Minuten und 30 Sekunden vor der angegebenen Zeit im Weltall stattgefunden hat. Wie für Ereignisse im Weltall üblich sind auch diese in Universal-Time (UT) angegeben, die gleichbedeutend mit der „Greenwich Mean Time“ (GMT) ist. Für die Umrechnung zur Mitteleuropäischen Sommerzeit (MESZ) sind jeweils zwei Stunden hinzuzuzählen.
23:56 Uhr (23.10.2001):
Ungefähr zweieinhalb Stunden vor der Zündung des Haupttriebwerks werden Befehle zur Zündung kleiner Steuerdüsen an Bord von Mars Odyssey gesendet, um das Momentum der sich drehenden Trägheitsmomenträder zu entladen. Diese Geräte sind vergleichbar mit Gyroskopen und werden benutzt, um die Ausrichtung der Raumsonde zu kontrollieren, so daß sie in die gewünschte Richtung zeigt. Durch diese Aktion werden die Trägheitsmomenträder auf die Aufgabe vorbereitet, Mars Odyssey in die korrekte Lage für die Zündung des Haupttriebwerks zu bringen und dadurch in den Mars-Orbit einzuschwenken.
01:59 Uhr (24.10.2001):
Das Flugkontrollteam führt „Last-Minute“-Kalkulationen zur Ermittlung eventuell notwendiger Kurskorrekturen durch. Dies ist die letzte Möglichkeit, um noch eine der kommenden Aktivitäten für den Eintritt in den Orbit zu verändern.
02:06 Uhr:
Die Vorwärmung der Steuerdüsen auf die Betriebstemperatur beginnt. Diese kleinen Düsen kontrollieren die Position der Raumsonde und werden während der Brenndauer des Haupttriebwerks abwechseln feuern, um Mars Odyssey in der richtigen Lage zu halten.
02:12 Uhr:
Die Leitungen vom Treibstoff- und Sauerstofftank zum Haupttriebwerk (die vor dem Start von allen Gasresten befreit wurden) werden nun durch Öffnen pyrotechnischer Ventile gefüllt. Fünf Minuten später werden der Treibstoff- sowie der Sauerstofftank durch Öffnen weiterer Ventile unter Druck gesetzt, um einen gleichmäßigen Fluß von Sauerstoff und Treibstoff während der Brenndauer des Haupttriebwerks sicherzustellen. Dies ist wichtig, um eine ruhige Verbrennung im Triebwerk und dadurch einen stabilen Schub und eine stetige Abbremsung von Mars Odyssey zu gewährleisten.
(Die Ventile im Antriebssystem zur Füllung der etwa kugelschreiberdicken Leitungen sowie zum Druckaufbau in den Tanks werden aktiviert, indem kleine Sprengladungen durch elektrische Signale gezündet werden. Für den Druckaufbau in den Tanks wird Helium verwendet.)
02:18 Uhr:
Die Telekommunikationskanäle werden von der parabolförmigen Hochleistungsantenne zu zwei weniger leistungsstarken Antennen an Bord von Mars Odyssey umgeschaltet. Diese Antennen haben den Vorteil, daß sie Signale aus einem größeren Winkel senden und empfangen können. Von nun an wird nur das Trägersignal (das keine Daten enthält) übertragen, bis die Raumsonde wieder hinter dem Mars hervorkommt und eine direkte Sichtverbindung zur Erde besteht. Zu dieser Zeit wird das Haupttriebwerk schon nicht mehr in Betrieb und – wenn alles glatt gelaufen ist – die Raumsonde von der Schwerkraft des Mars in einen stark elliptischen Orbit gezwungen worden sein.
02:19 Uhr:
Die 70 Meter-Antenne des „Deep Space Network“ in Goldstone (Kalifornien) richtet sich auf das „Odyssey“-Trägersignal aus. Der Empfang des Trägersignals erlaubt der Bodenkontrolle durch Auswertung von Frequenzverschiebungen des Signals, die Bewegung der Raumsonde zu verfolgen. Diese Änderungen (der sogenannte „Dopplereffekt“) treten bei der Geschwindigkeitsreduzierung der Raumsonde durch die Zündung des Haupttriebwerks auf. Die Trägheitsmomenträder an Bord von Mars Odyssey drehen das Raumfahrzeug in Vorbereitung der Triebwerkszündung nun in die korrekte Richtung.
02:26 Uhr:
Die Zündung des Haupttriebwerks leitet den Eintritt in den Mars-Orbit ein.
02:36 Uhr:
Das „Deep Space Network“ verliert das Signal von Mars Odyssey, da die Raumsonde (von der Erde aus gesehen) hinter dem Mars verschwindet.
02:36 Uhr:
Die Raumsonde fliegt für zwei Minuten durch den Marsschatten.
02:39 Uhr:
Mars Odyssey erreicht den so genannten „Periapsis“ – den niedrigsten Punkt während des ersten Mars-Orbits in einer Höhe von 328 Kilometern. Das Trägersignal der Raumsonde ist immer noch nicht wieder von den Bodenstationen auf der Erde zu empfangen.
02:45 Uhr:
Das Haupttriebwerk wird nach 19,7 Minuten abgeschaltet.
02:49 Uhr:
Immer noch ohne Kontakt mit dem „Deep Space Network“ drehen die Trägheitsmomenträder Mars Odyssey erneut, so daß die Hochleistungsantenne der Raumsonde nun wieder in Richtung Erde zeigt.
02:56 Uhr:
Mars Odyssey tritt (von der Erde aus gesehen) wieder hinter dem Mars hervor, und die Antennen des „Deep Space Network“ versuchen das Trägersignal des Raumfahrzeugs wieder zu erfassen.
03:00 Uhr:
Die Treibstoff-, Sauerstoff- und Heliumtanks von Mars Odyssey werden durch pyrotechnische Ventile verschlossen, so daß sich kein Überdruck in den Tanks aufbauen kann.
03:01 Uhr:
Mars Odyssey schaltet seine Sensoren wieder ein und beginnt Daten mit einer Rate von 40 Bits pro Sekunde zur Erde zu übertragen. Das „Deep Space Network“ wird aufgrund der geringen Datenrate mehrere Minuten benötigen, um ihre Empfänger mit dem Datenmuster zu synchronisieren. Sobald dieser Vorgang abgeschlossen ist, werden die Nachrichten von der Raumsonde zum Jet Propulsion Laboratory (JPL) weitergeleitet, von wo aus diese Mission geleitet wird.