Belle II liefert erste Ergebnisse

Auf der Suche nach dem Z‘-Boson – Vor ziemlich genau einem Jahr ist das Belle II-Experiment angelaufen. Jetzt veröffentlicht das renommierte Journal Physical Review Letters die ersten Resultate des Detektors. Die Arbeit befasst sich mit einem neuen Teilchen im Zusammenhang mit der Dunklen Materie, die nach heutigem Kenntnisstand etwa 25 Prozent des Universums ausmacht. Gemeinsame Pressemitteilung der deutschen Arbeitsgruppen im Belle II-Experiment.

Quelle: JGU.

Elektronen und Positronen werden im Belle II-Detektor zur Kollision gebracht.
(Bild: Belle II)
Elektronen und Positronen werden im Belle II-Detektor zur Kollision gebracht.
(Bild: Belle II)

Seit etwa einem Jahr sammelt das Belle II-Experiment Daten für physikalische Messungen. Sowohl der Elektron-Positron-Beschleuniger SuperKEKB als auch der Detektor Belle II waren in mehrjährigen Umbauarbeiten gegenüber den Vorgängern verbessert worden, um eine 40 Mal höhere Rate an Daten zu erzielen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an zwölf Instituten in Deutschland sind maßgeblich am Bau und Betrieb des Detektors, der Entwicklung von Auswertungsalgorithmen und der Analyse der Daten beteiligt. Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat dieses Vorhaben mit der Entwicklung und Programmierung von spezieller Elektronik zur Überwachung des Pixel-Vertex-Detektors unterstützt.

Mit Belle II suchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Spuren neuer Physik, mit der sich zum Beispiel das ungleiche Vorkommen von Materie und Antimaterie oder die mysteriöse Dunkle Materie erklären lassen. Eines der bisher unentdeckten Teilchen, nach dem der Belle II-Detektor Ausschau hält, ist das Z‘-Boson – eine Variante des bereits nachgewiesenen Z-Bosons. Letzteres agiert als Austauschteilchen für die schwache Wechselwirkung.

Soweit wir wissen, bestehen etwa 25 Prozent des Universums aus Dunkler Materie, wohingegen die sichtbare Materie knappe 5 Prozent des Energiebudgets ausmacht. Beide Materieformen ziehen sich gegenseitig über die Schwerkraft an. So bildet die Dunkle Materie eine Art Schablone für die Verteilung der sichtbaren Materie, was sich zum Beispiel in der Anordnung von Galaxien im Universum zeigt.

Bindeglied zwischen Dunkler und normaler Materie
Das Z‘-Boson könnte eine interessante Rolle beim Zusammenspiel von Dunkler und normaler, sichtbarer Materie spielen, also eine Art Vermittler zwischen den beiden Materieformen sein. Das Z‘ kann – zumindest theoretisch – aus der Kollision von Elektronen (Materie) und Positronen (Antimaterie) im SuperKEKB hervorgehen und dann in unsichtbare Dunkle-Materie-Teilchen zerfallen.

Somit kann das Z‘-Boson helfen, das Verhalten von Dunkler Materie zu verstehen – und nicht nur das: Mit der Entdeckung des Z‘ ließen sich auch andere Beobachtungen erklären, die nicht mit dem Standardmodell, der grundlegenden Theorie der Teilchenphysik, in Einklang stehen.

Wichtiges Indiz: Nachweis von Myonenpaaren
Doch wie lässt sich das Z‘-Boson im Belle II-Detektor aufspüren? Nicht auf direktem Weg, so viel ist sicher. Theoretische Modelle und Simulationsrechnungen sagen voraus, dass sich das Z‘ durch Wechselwirkungen mit Myonen, schwereren Verwandten der Elektronen, verraten könnte: Wenn Wissenschaftler nach den Elektron-/Positron-Zusammenstößen eine ungewöhnliche hohe Anzahl an Myonen-Paaren mit gegensätzlicher Ladung sowie unerwartete Abweichungen bei Energie- und Impulserhaltung entdecken, wäre das ein wichtiges Indiz für das Z‘.

Der Belle II-Detektor sucht nach dem Z'-Boson. Dieses könnte sich – wie hier dargestellt – durch das gehäufte Auftreten von Myonen-Paaren mit entgegengesetzter Ladung zeigen.
(Bild: Belle II)
Der Belle II-Detektor sucht nach dem Z‘-Boson. Dieses könnte sich – wie hier dargestellt – durch das gehäufte Auftreten von Myonen-Paaren mit entgegengesetzter Ladung zeigen.
(Bild: Belle II)

Allerdings lieferten die neuen Belle II-Daten noch keine Anzeichen für das Z‘-Boson. Jedoch können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit den neuen Daten die Masse und Kopplungsstärken des Z‘-Bosons mit einer bisher unerreichbaren Genauigkeit einschränken.

Diese ersten Ergebnisse stammen aus der Analyse einer kleinen Menge an Daten, die noch in der Anlaufphase von SuperKEKB im Jahr 2018 gewonnen wurden. Seinen Vollbetrieb nahm Belle II am 25. März 2019 auf. Seither sammelt das Experiment Daten, während gleichzeitig die Kollisionsrate von Elektronen und Positronen stetig verbessert wird. Wenn das Experiment perfekt eingestellt ist, wird es ein Vielfaches der Daten liefern, die in die aktuell veröffentlichten Analysen eingeflossen sind. Die Physikerinnen und Physiker hoffen so, neue Erkenntnisse über die Natur der Dunklen Materie und andere ungeklärte Fragen zu erzielen.

Die deutschen Arbeitsgruppen im Belle II-Experiment werden mit Finanzmitteln folgender Einrichtungen und Programme gefördert:

  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Rahmenprogramm Erforschung von Universum und Materie (ErUM)
  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder: – „ORIGINS“: EXC-2094 – 390783311 – „Quantum Universe“: EXC-2121 – 390833306
  • European Research Council
  • European Union’s Horizon 2020 – grant agreement No 822070
  • Helmholtz-Gemeinschaft
  • Max-Planck-Gesellschaft

Veröffentlichung:
The Belle II Collaboration
Search for an invisibly decaying Z‘ boson at Belle II in e+e- –> µ+µ- (e+- µ-+) + missing energy final states
Physical Review Letters, 6. April 2020
DOI: 10.1103/PhysRevLett.124.141801

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