CERES: Der Energiebilanz der Erde auf der Spur

An Bord US-amerikanischer Wettersatelliten werden Instrumente eingesetzt, die der Wolkenbeobachtung und der Untersuchung der Energiebilanz mit Ein- und Abstrahlung von Energie auf bzw. durch die Erde dienen. Für den neuen Satelliten JPSS 1 ist das Flugmodell 6 (FM6) der CERES genannten Instrumente gedacht.

Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: NASA.

CERES steht für Clouds and the Earth’s Radiant Energy System. Dementsprechend liefern die so bezeichneten Instrumente Informationen zu ein- und ausfallender Strahlung am Oberrand der Atmosphäre und an der Oberfläche der Erde.

NASA / David C. Bowman
Norman Loeb mit CERES-Modell
(Bild: NASA / David C. Bowman)

Leitender Wissenschaftler eines Projektes der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtagentur (NASA), das sich der Energiebilanz der Erde widmet, ist Norman Loeb. Die Erde mit ihren verbundenen Systemen haben ihn immer fasziniert. Loeb sagt: „ Es ist eine ziemlich interessante Angelegenheit, wenn man daran denkt, wie Energie in unterschiedlichster Art und Weise zwischen Atmosphäre, Meeren, den Landmassen und schneebedeckten Oberflächenanteilen ausgetauscht und verteilt wird.“

Über zusätzliche Informationen zu den Austauschprozessen dürfte sich Loeb freuen, wenn CERES FM6 an Bord des polaren Wettersatelliten Joint Polar Satellite System 1 (JPSS 1) in Betrieb genommen wurde. JPSS 1 soll demnächst auf einer Delta-II-Rakete von der Startanlage 2W der Luftwaffenbasis Vandenberg (Vandenberg Air Force Base, VAFB) in Kalifornien aus in den Weltraum transportiert werden. Aktuell ist der Start des Satelliten, der später unter der Ägide der US-amerikanischen nationalen Wetterbehörde (National Oceanic and Atmospheric Administration, NOAA) betrieben werden soll, für den 10. November 2017 angesetzt.

NASA
Wege der Strahlung – Illustration
(Bild: NASA)

Beobachtungsdaten von CERES liefern wichtige Informationen über die Energiebilanz vom oberen Rand der Atmosphäre, wo einerseits eine gewisse Menge Strahlungsenergie von der Sonne aufgenommen und andererseits eine gewisse Menge Wärmestrahlung an den Weltraum abgegeben wird. Loeb erklärt das so: „Wenn man weiß, wie viel Strahlung von der Sonne die Erde erreicht, und außerdem bekannt ist, wie viel der Strahlung von der Sonne durch die Erde reflektiert wird und welche Menge an Wärmestrahlung die Erde abgibt, bekommt man die Energiebilanz. Wenn mehr Energie hineinkommt, als abgegeben wird, wird sich das System schließlich aufheizen.“

Die Wege, auf der eine veränderliche Energiebilanz andere System auf der Erde beeinflusst, betrachtet Loeb mit Ehrfurcht: „Auf gewisse Weise ist es wunderbar und verblüffend, wie die über die Erde verteilte Strahlung die Zirkulation in den Meeren und das Wetter in der Atmosphäre beeinflusst.“

Ball Aerospace
CERES FM6
(Bild: Ball Aerospace)

Fünf CERES-Instrumente sind bereits an Bord von Satelliten im All. Die von CERES-FM6 erwarteten Daten werden die Fortsetzung der laufenden Bestimmung der Veränderungen von Energiebilanz und Wolkenbedeckung erlauben, helfen, die Ursachen für die beobachteten Veränderungen zu ermitteln, und für klimarelevante Entscheidungsprozesse eine Datenbasis bieten. Loeb: „Was wir zu tun versuchen ist, unsere CERES-Aufzeichnungen zu erweitern.“

Die Konstruktion der CERES-Instrumente basiert auf einem Modell, das vom Forschungszentrum Langley (Langley Research Center, LaRC) entworfen worden war. Im Rahmen des Earth Radiation Budget Experiment hatte das LaRC zwischen 1984 und 1990 auf drei Satelliten derartige Instrumente zur Bestimmung der Energiebilanz der Erde eingesetzt.

Mitte der 1990er war schließlich begonnen worden, an einer kontinuierlichen Sammlung von Daten zur Energiebilanz der Erde zu arbeiten. 1997 gelangte dann das erste CERES-Instrument an Bord des Erdbeobachtungssatelliten TRMM ins All. Es hörte im Jahr 2000 auf, Daten zu erfassen. Vorher jedoch hatte man schon CERES FM1 und FM2 im Weltraum stationieren können. Die beiden Instrumente befinden sich an Bord des Erdbeobachtungssatelliten TERRA, der 1999 gestartet worden war. CERES FM3 und CERES FM4 umkreisen als Nutzlast des Erdbeobachtungssatelliten Aqua seit 2002 die Erde. Bis dato jüngstes Familienmitglied ist CERES FM5, seit 2011 an Bord von Suomi NPP im All.

NASA / NOAA
Instrumentenausstattung von JPSS 1 – Illustration
(Bild: NASA / NOAA)

Im Rahmen des Projekts werden auch Daten der Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer (MODIS) an Bord von Aqua und Terra benutzt, sowie von der Visible Infrared Imaging Radiometer Suite (VIIRS) an Bord von Suomi NPP. Wenn JPSS 1 in Betrieb genommen worden ist, soll auch dessen VIIRS Daten beisteuern, und die Informationen von CERES mit solchen über Wolken, Aerosole – kleinste Partikel in der Atmosphäre – und Oberflächeneigenschaften ergänzen.

Seit Jahrzehnten arbeiten Wissenschaftler daran, herauszufinden, wie sich die Energiebilanz in Reaktion auf andere Veränderungen wie die von Temperaturen, Wasserdampf, Wolken, Schnee und Aerosolen im System wandelt.

Ein Anstieg der Konzentration bestimmter Gase, die von der Erde kommende Infrarot- bzw. Wärmestrahlung absorbieren können, in der Atmosphäre kann zur Erwärmung der Erdoberfläche und der unteren Atmosphärenschichten führen. Gleichzeitig können diese Gase eine Abkühlung der oberen Atmosphärenschichten bewirken, weil sie Energie, die sonst die oberen Atmosphärenschichten erwärmen könnte, weiter unten einfangen.

Auch die Reflektion von Strahlung, insbesondere der von der Sonne aus dem Weltraum, durch Wolken und Aerosole kann für eine Abkühlung sorgen. Tiefliegende, dicke Wolkenformationen können die Sonnenstrahlung gut reflektieren. Sie verhindern, dass Energie von der Sonne vom Erdboden aufgenommen wird. Aerosole können sich ähnlich auswirken. Sie können aus vom Wind aufgewirbeltem Staub bestehen, aus Rückständen aus der Verbrennung fossiler Energieträger wie zum Beispiel Diesel und Benzin, sowie bei der Brandrodung von Wäldern und dem Abflämmen von Feldern entstehen.

Die CERES-Messungen sollen den Wissenschaftlern Informationen über die sich ändernde Absorption und Reflektion, welche Einfluss auf langfristige Klimatrends haben, liefern.

Aber auch die Vorhersage kurzfristigerer Entwicklungen kann von CERES-Daten profitieren. Saisonale großräumige Effekte wie El Niño und La Niña stehen unter dem Einfluss von Wolkenbedeckung und Strahlungsbudgets. El Niño und La Niña entstehen auf Grund von Fluktuationen von kaltem und warmem Wasser im Pazifik im Bereich des Äquators. Laut Loeb ist es wichtig, die Veränderungen von Jahr zu Jahr aufzuzeichnen, zu modellieren und zu verstehen.

Farmer könnten bei Entscheidungen,welche Pflanzen angebaut werden sollen, und wann die Aussaat erfolgt, saisonale Vorhersagen zu Rate ziehen.

Forscher verwenden CERES-Daten zur Bestimmung von Mustern und Trends der veränderlichen Eis- und Schneebedeckung in den Polarregionen. Betreiber von Photovoltaikanlagen, Nutzer von Sonnenwärme-Anwendungen und Landwirte nutzen Daten zur erwartbaren Sonneneinstrahlung.

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