Hayabusa: Die lange Reise des Wanderfalken

Die japanische Asteroidensonde Hayabusa (deutsch: Wanderfalke) beendete heute ihre gut siebenjährige Reise durchs All. Hauptaufgaben waren die Erkundung von Itokawa und umfangreiche technische Erprobungen.

Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: JAXA, Raumfahrer.net, Raumcon. Vertont von Peter Rittinger.

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Hayabusa auf Itokawa
(Bild: JAXA/ISAS)

Die Rückkehr der Kapsel, die am 13. Juni, 12:51 Uhr MESZ von Hayabusa abgetrennt wurde, ist wie geplant gelungen. Der Wiedereintritt bzw. die damit verbundenen Leuchterscheinungen konnten von verschiedenen Wissenschaftlern und Amateurbeobachtern ab 15:51 Uhr MESZ im Bild festgehalten werden und erfolgte in der geplanten Zone. Danach entfaltete sich der Bremsfallschirm, der Hitzeschild wurde abgeworfen und über die darüber befindliche Antenne wurden Ortungssignale ausgesandt. Bodenkontakt wurde etwa 16:11 Uhr MESZ erreicht.

Bereits kurz danach, gegen 16:56 Uhr MESZ konnte die Kapsel geortet werden. Die Bergungsmaßnahmen wurden am 14. Juni ausgeführt. Kapsel und Hitzeschild wurden in Containern verpackt und versiegelt.

Trotz vieler Schwierigkeiten und einer deutlich längeren Reise als geplant hat die kleine Raumsonde ihren Zweck doch noch erfüllt, obwohl man bislang nicht weiß, ob sich Staub von der Oberfläche des Asteroiden Itokawa im Probenbehälter befindet. Bei dieser technologisch orientierten Mission haben japanische Wissenschaftler und Techniker viel über Mittel und Wege gelernt, eine derartige Mission zu planen und zu realisieren.

Hayabusa verfügte über einen quaderförmigen Zentralkörper mit 2 Metern Länge, 1,60 m Tiefe und 1 Meter Breite, an dem zwei Solarzellenausleger mit einer Spannweite von 5,70 m sowie eine Hochgewinnantenne mit einem Durchmesser von knapp 2 Metern befestigt waren. Im Inneren trug sie Einrichtungen zur Steuerung, Energieversorgung, Kommunikation, Temperaturregulierung und Lageregelung. Die Kommunikation konnte über drei verschiedene Systeme stattfinden, zu denen es jeweils eine Antenne gab. Die Lageregelung erfolgte sowohl über drei Drallräder als auch über 12 chemische Minitriebwerke. Der Hauptantrieb der Sonde bestand aus vier Ionentriebwerken, die mit Xenon als Trägermedium arbeiteten. Die Orientierung der Sonde im Raum geschah über einen Sternsensor sowie in der Nähe des Asteroiden Itokawa über ein optisches System. Dazu gehörten zwei Laserentfernungsmesssysteme sowie eine Mehrzweckkamera. Mit der Asteroid Multiband Imaging Camera (AMICA) wurden insgesamt etwa 1.500 Aufnahmen von Itokawa angefertigt. Zur wissenschaftlichen Ausrüstung zählten außerdem ein Infrarot-Spektrometer, ein Röntgen-Fluoreszenz-Spektrometer und ein Probensammler.

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Die Erde von Hayabusa fotografiert.
(Bild: JAXA)

Der Start der 510 kg leichten Raumsonde erfolgte am 9. Mai 2003 vom japanischen Raumfahrtzentrum Kagoshima aus mittels einer M-V-Trägerrakete. Danach brachten die Ionentriebwerke, die über mehrere Zehntausend Stunden in Betrieb waren, die Sonde auf die geplante Flugbahn. Der Asteroid (25.143) Itokawa ist ein 1996 entdeckter Himmelskörper, der sich auf einem elliptischen Orbit um die Sonne bewegt. Dabei kreuzt seine Flugbahn die der Erde. Das Perihel liegt bei 0,953 Astronomischen Einheiten (142 Millionen Kilometern) und damit knapp innerhalb der Erdbahn. Das Aphel hingegen beträgt 1,695 AE (254 Millionen Kilometer) und geht damit ein gutes Stück über die Marsbahn hinaus. Will man einen Flugkörper auf diese Bahn bringen, so muss man seinen Orbit von der Erdbahn aus sozusagen aufbiegen, indem man ihn beschleunigt. Dies konnte in diesem Falle recht langsam geschehen, da die Bahn vergleichsweise günstig liegt.

Beschleunigung für den Hin- und Abbremsung für den Rückweg wurden über insgesamt vier Ionentriebwerke vorgenommen, wobei eines davon nicht betriebsbereit war. Bis zum Ende der Mission fielen in allen Aggregaten Teile aus, zuletzt im Triebwerk D im November 2009. Seitdem kombinierte man funktionierende Teile zweier Triebwerke und erreichte mit etwas erhöhtem Treibstoffverbrauch die notwendigen Geschwindigkeitsänderungen in der Endphase der Annäherung sowie bei vier Korrekturmanövern in den letzten Tagen zur Präzisierung des geplanten Landepunktes in der Nähe der australischen Stadt Woomera.

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Itokawa in Farbe, ermöglicht durch die AMICA, die mit sieben Farbfiltern arbeitet. (Bild: JAXA)

Am 12. September 2005 erreichte Hayabusa den Asteroiden und bezog mehrere Wochen lang Position über Itokawa, während dieser 535 x 294 x 209 Meter abmessende, unförmige Himmelskörper sich in 12:09 h einmal um seine Achse drehte. Benannt ist der Asteroid übrigens nach dem japanischen Raketenpionier Hideo Itokawa, der von 1912 bis 1999 lebte. Nach schrittweiser Annäherung unternahm man am 4. November 2005 ein erstes Landemanöver, welches aber vom autonomen Steuerungssystem abgebrochen wurde. Offenbar hatte das optische System den Schatten der Sonde als Hindernis fehlinterpretiert.

Nach entsprechender Fehleranalyse wagte man am 12. November 2005 einen zweiten Landeversuch. Während das Manöver von der Sonde autonom durchgeführt wurde, gab es eine planmäßige Unterbrechung des Funkkontakts. Danach schien Hayabusa etwa 17 Meter über der Oberfläche von Itokawa zu schweben. Da man sich das ungewöhnliche Verhalten nicht erklären konnte, manövrierte man die Sonde nach einiger Zeit in einen ausreichenden Abstand zum Asteroiden. Anschließend stellte sich jedoch heraus, dass offenbar die Höhenangabe inkorrekt war. Hayabusa schwebte nicht über sondern stand längere Zeit auf Itokawa! Eine spätere Datenauswertung zeigte zudem, dass Hayabusa nach dem ersten sanften Auftreffen auf der Oberfläche noch einen etwa 20-minütigen Hopser machte. Ein zuvor abgesetztes optisches Ziel war ebenfalls auf der Oberfläche des Asteroiden angekommen. Auf ihm sind 880.000 Namen von Personen vieler Nationen eingraviert.

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Die Minisonde Minerva treibt noch immer in Itokawas Nähe.
(Bild: JAXA)

Die 591 Gramm schwere, etwa zylinderförmige Landesonde Minerva (Durchmesser 12 cm, Höhe 10 cm) hingegen erreichte nicht ihr Ziel. Sie war zu einem Zeitpunkt von der Muttersonde gelöst worden, als Hayabusa sich schon wieder mit 15 cm/s im Aufstieg befand. Die Gravitation des kleinen Asteroiden ist so schwach, dass Minerva niemals unten ankommen wird. Die Minisonde war mit einer Kamera und einem Temperaturmessfühler ausgerüstet und sollte durch Hüpfen ihren Standort mehrmals ändern können.

Die zweite Landung wurde am 26. November eingeleitet. Da das Probensammelsystem beim ersten Aufsetzen wegen eines Fehlalarms des Hindernissensors blockiert war, wurde dieser Sensor kurzerhand deaktiviert. Man verzichtete auch auf das Absetzen eines zweiten optischen Ziels und vertraute auf die zuvor gemachten Erfahrungen. Es kam zu einem Bodenkontakt, allerdings gingen bei späteren Problemen viele Daten darüber verloren, so dass man nicht sagen konnte, ob tatsächlich Staubteilchen von der Oberfläche Itokawas in den Probenbehälter gelangten. Die zum Aufwirbeln von Staub eigentlich vorgesehenen zwei Projektile aus Tantal wurden mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit nicht abgeschossen. So könnte also nur ein Teil des beim Aufsetzen des Probenhorns aufgewirbelten Materials in die Probenkammer gelangt sein. Allerdings stand deren Luke danach länger als ein Jahr offen. Während des Abstiegs kam es außerdem zu einem Problem im System B der Steuertriebwerke, so dass man auf System A umstieg. Später wurde festgestellt, dass System B offenbar ein Leck hatte. Dadurch verlor man wenig später des gesamten chemischen Treibstoff und wegen der damit verbundenen Lageänderung auch den Funkkontakt zur Sonde.

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Beim Eintritt der Rückkehrkapsel wird viel Bewegungsenergie in thermische Energie umgewandelt. (Bild: JAXA/ISAS)

In falscher Ausrichtung zur Sonne konnten die Solarzellen nicht ausreichend Energie bereitstellen. Die Batterie wurde Ende November und im Dezember 2005 mehrfach tiefentladen und verlor einen Großteil ihrer Speicherfähigkeit. Außerdem gingen die bei der zweiten Landung aufgezeichneten Daten verloren. Trotz all dieser Widrigkeiten gelang im Januar 2006 aus einem Sicherheitsmodus heraus die langsame Wiederherstellung von Energieversorgung, Kommunikation und Lageregelung. Dazu musste man neben dem einzigen noch funktionierenden Drallrad nun auch einen Teil des Xenons, eigentlich Treibstoff für die Ionentriebwerke, einsetzen. Die beiden anderen Drallräder, die zusammen eigentlich die Dreiachsenstabilisierung der Sonde sichern sollten, waren bereits im Juli und Oktober 2005 ausgefallen.

Da man durch die technischen Probleme der Sonde den eigentlichen Abflugzeitpunkt, Mitte Dezember 2005, verpasst hatte, flog Hayabusa rund zwei Jahre an der Seite Itokawas weiter. Im Dezember 2007 wurde der Rückflug eingeleitet. Mit den verbleibenden Restkapazitäten der Ionentriebwerke gelang bis zum 27. März 2010 die Änderung der Bahn soweit, dass Hayabusa die Erde erreichen würde. Letzte Korrekturmanöver am 5. und 27. Mai sowie am 5. und 9. Juni sorgten dafür, dass die vorgesehene Landezone eingehalten wird.

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Eintrittsdiagramm (Bild: JAXA/ISAS)

Geplant ist, die rund 40 cm durchmessende Rückkehrkapsel mit etwa 43.000 km/h in die Erdatmosphäre eintreten zu lassen. Durch den Luftwiderstand wird diese dann weitgehend abgebremst. Am Ende sorgt ein kleiner Fallschirm für eine halbwegs sanfte Landung in Südaustralien. Die feurige Rückkehr wird von verschiedenen Stellen auf der Erde und in Flugzeugen beobachtet. Ein Sender soll außerdem dafür sorgen, dass man den Landeort in der australischen Wüste schnell findet. Hayabusa wird der Landekapsel in einem zeitlichen Abstand von nur 2 Minuten folgen und verglühen. Im Gegensatz zur Kapsel verfügt die Sonde über keinerlei Hitzeschutz.

Die Kapsel soll anschließend ins japanische Missionskontrollzentrum Samamihare gebracht und dort geöffnet werden. Falls sie tatsächlich Asteroidenstaub enthält, so wird dieser von japanischen und internationalen Wissenschaftlern untersucht und würde den schwer verdienten Erfolg der überaus spannenden Mission komplettieren.

Hier können Sie den aufregenden Missionsverlauf noch einmal ausführlicher nachlesen:

Raumcon:

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