12 Planeten in unserem Sonnensystem?

Die International Astronomical Union (IAU) scheint vor dem Hintergrund jüngster Entdeckungen die offizielle Definition des Terminus „Planet“ so abändern zu wollen, dass unser Sonnensystem zukünftig über mindestens zwölf statt bisher neun Planeten verfügt.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: IAU.

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Eine nicht maßstabsgetreue Grafik unseres Sonnensystems mit den potentiellen neuen Planeten Ceres, Charon und 2003 UB313.
(Grafik: IAU/Martin Kornmesser)

In den letzten Jahren sind dank ständig besserer Beobachtungstechnologien einige Himmelskörper im so genannten „Kuiper-Gürtel“ entdeckt worden, deren Größe an die des Planeten Pluto heranreichten beziehungsweise in mindestens einem Fall dessen Größe sogar übertraf. Diese jenseits der Neptun-Bahn liegende Region ist mit verschieden großen Eis- und Gesteinsbrocken dicht besetzt. Die Größe dieser so genannten „Kuiper-Gürtel-Objekte“ (KBOs) reicht dabei wahrscheinlich von wenigen hundert Metern Durchmesser bis zu den erwähnten Himmelskörpern in der Größenklasse von Pluto. Vor diesem Hintergrund läuft bereits seit längerer Zeit eine intensive Diskussion über die Einordnung dieser neu entdeckten Mitglieder des Sonnensystems.

Dabei gibt es zwei Alternativen: Entweder erkennt man Pluto seinen Planetenstatus ab und erklärt auch ihn zu einem KBO, oder aber Pluto behält seinen Status als Planet, was dann aber konsequenterweise die Erhebung anderer, vergleichbar großer KBOs in den Planetenstand nach sich ziehen müsste. Diese Debatte ist der Anlass für eine grundlegende Neudefinition des Planeten-Begriffs gewesen, über die bei der noch bis zum 25. August laufenden Generalversammlung der IAU in Prag diskutiert wird. Die 1919 gegründete International Astronomical Union (IAU) ist eine Vereinigung renommierter Astronomen und unter anderem auch mit dem Mandat ausgestattet, grundlegende astronomische Festlegungen zu treffen. Die Notwendigkeit, den Begriff „Planet“ neu zu definieren, ist natürlich der ständig steigenden Leistungsfähigkeit erdgebundener und satellitengestützter Teleskope geschuldet, was zur Entdeckung einer Vielzahl bisher unbekannter Himmelskörper in unserem Sonnensystem geführt hat.

Der IAU-Generalversammlung liegt nun ein Entwurf zur Entscheidung vor, der die Anzahl der Planeten in unserem Sonnensystem auf zunächst zwölf Mitglieder erhöhen würde. Im einzelnen wären dies:

  • Acht „Klassische Planeten“ (Merkur bis Neptun);
  • Drei Planeten in der neuen Kategorie „Plutons“ (was mit „Plutonen“ übersetzt werden könnte): Pluto-artige Planeten, zu denen neben Pluto noch sein bisher als Mond betrachteter Kompagnon Charon sowie 2003 UB313 – ein bisher noch nicht offiziell „getaufter“ Himmelskörper jenseits der Plutobahn mit dem informellen Namen „Xena“ – zählen würden;
  • Ceres, das erste entdeckte Mitglied des zwischen Mars und Jupiter liegenden Asteroidengürtels. Dieser bereits 1801 entdeckte Asteroid hat einen Durchmesser von rund 975 Kilometer.

Erstaunlich mutet dabei zunächst an, dass der bisher üblicherweise als Pluto-Mond angesehende Charon der neuen Planetendefinition zufolge als eigenständiger Planet zählen soll. Doch auch bisher schon haben viele Astronomen Pluto und Charon angesichts der Größenverhältnisse dieser beiden Himmelskörper eher als Doppelplanetensystem betrachtet: Charon ist mit rund 1.200 Kilometern Durchmesser mehr als halb so groß wie Pluto (etwa 2.300 Kilometer Durchmesser).
Die nun vorgeschlagene neue Planetendefinition stellt anders als bisher vor allem die Masse eines Himmelskörpers (und seine Stellung zu anderen Planeten) in den Mittelpunkt der Betrachtung. Ursprünglich war dies anders, ist „Planet“ doch die griechische Bezeichnung für „Wanderer“ und bezeichnete schlicht die Himmelskörper, die mit bloßem Auge am Nachthimmel sichtbar waren und sich im Gegensatz zu den „Fixsternen“ auf nachvollziehbaren Bahnen am Himmelszelt bewegten. Nun aber soll jeder um einen Stern kreisende Himmelskörper als Planet bezeichnet werden, dessen Masse ausreicht, damit er eine stabile, in etwa kugelförmige Gestalt ausbildet. Generell trifft dies auf Objekte zu, deren Masse mindestens 5 x 1020 Kilogramm beträgt und deren Durchmesser größer als etwa 800 Kilometer ist. Letztendlich bleibt es aber trotz dieser allgemeinen Kriterien immer eine Einzelfallentscheidung, ob ein Himmelskörper als Planet klassifiziert wird.

Weiterhin darf es sich bei dem betrachteten Himmelskörper nicht um einen Stern oder den Mond eines anderen Planeten handeln. Aus diesem Grund fallen beispielsweise Objekte wie der Saturnmond Titan nicht in die Klasse der „Planeten“, obwohl er größer als Merkur und Pluto ist und daher problemlos die übrigen Anforderungen an einen Planeten erfüllen würde.

Vor allem die Kategorie der „Plutonen“ wird zukünftig fraglos noch einen starken Zuwachs erfahren. Unter dieses Rubrum sollen alle Kleinplaneten fallen, deren Umlaufdauer um die Sonne 200 Jahre übersteigt, womit alle Himmelskörper jenseits des Neptun (Umlaufdauer rund 163 Jahre) zu den Plutonen zählen würden. Weiterhin zeichnen sie sich typischerweise durch stark exzentrische (d.h. elliptische) Umlaufbahnen aus, die im Vergleich zur Ekliptik zudem üblicherweise eine deutliche Inklination aufweisen (also relativ zur Ebene der Erdumlaufbahn deutlich „gekippt“ sind). Bereits jetzt gibt es zwölf KBOs, die auf der Beobachtungsliste der IAU stehen und somit die Anzahl der Planeten in unserem Sonnensystem auf einen Schlag noch einmal verdoppeln könnten – sofern sie alle die genannten Kriterien erfüllen sollten, was durch weitere Beobachtungen noch geklärt werden muss.

Am 24. August wird zum Ende der IAU-Generalversammlung die Abstimmung über diesen in den vergangenen zwei Jahren durch eine Arbeitsgruppe erstellten Vorschlag erfolgen.

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