The Computer / A history from the 17th century to today

Die Geschichte des Computers herausgegeben von Jens Müller und Julius Wiedenmann in einer hochwertigen, sehr reich bebilderten, großformatigen Ausgabe des TASCHEN-Verlags. Eine Rezension von Stefan Goth für Raumfahrer.net.

Quelle: TASCHEN-Verlag. Ein Beitrag von Stefan Goth 11. August 2024.

FliegerRevue - vermutlich letzte gedruckte Ausgabe oben. (Bild: Andreas Weise)
Buch-Frontcover in rosa mit der Aufschrift „The Computer“ und 8 Bildern mit Computerbezug.
(Bild: Stefan Goth)

„Was ist ein Computer“, diese Frage stellt Jens Müller in seinem Vorwort. Das ganze Buch versucht auf diese Frage ein Antwort zu geben, wobei schnell klar wird, dass es sich nicht um ein einziges, genau beschreibbares Gerät, sondern um eine inzwischen alle Lebensbereiche verändernde Entwicklung hin zu einer digitalisierten Welt geht. Beginnend bei den ersten mechanischen Rechenhilfen und theoretischen Überlegungen vor mehreren hundert Jahren, über die elektromechanische Verschlüsselungstechnik „Enigma“ Nazi-Deutschlands und der Code-Knacker im englischen Pletchly Park, die ersten Großrechner, das aufkommen der „Personal Computer“, den Smartphones bis hin zu Quantencomputer, wird ein ganz großer Bogen gespannt.

Das vorliegende Buch ist natürlich kein Raumfahrt-Buch und auch Astronomie wird nur geringfügig gestreift, trotzdem entwickeln sich Blick und Weg zu den Sternen parallel und abhängig von der Computerisierung unserer Welt. Die Informationstechnologie wiederum erfährt entscheidende Impulse auch aus der Raumfahrt. Als z.B. der Computer für die Apollo-Raumkapsel entwickelt wurde, waren die wenigen existierenden Großrechner raumfüllende elektronische Ungetüme. Selbst die kompaktesten programmierbaren Geräte hatten noch die Größe von Kühlschränken und mussten ohne Displays auskommen. Am mobilsten waren noch einfache elektromechanische Tisch-Rechenmaschinen für die Grundrechenarten, immer noch in der Größe von Schreibmaschinen. Die Herausforderung bestand also darin einen Computer zu entwickeln, der nicht nur in der Lage war das Raumschiff zu steuern, sondern vor allem leicht und klein genug, um überhaupt eingebaut werden zu können. Auch wenn dies die Miniaturisierung in der Computerwelt nicht alleine ausgelöst hat, so ist dies eine Entwicklung, die beschrieben durch „Moor’s Law“ noch heute fortdauert.

FliegerRevue im Lauf der Zeit. (Bild: Andreas Weise)
Buchrücken in rosa mit der Aufschrift „The Computer“
(Bild: Stefan Goth)

Es gibt immer wieder Schnittstellen zwischen Digitalisierung und Raumfahrt. Erstaunlich ist, dass viele Entwicklungen nicht, wie man vielleicht den Eindruck haben könnte, „vom Himmel fallen“ sondern oft eine lange, von Rückschlägen gekennzeichnete Vorgeschichte haben. So existiert die Idee eines „Satelliten-Internet“ im low-earth-orbit schon mindestens seit den 1990er-Jahren, für die praktische Umsetzung hat es mehr als 20 Jahre gebraucht. Viele Dinge, die wir heute dem täglichen Leben zuordnen, brauchten ihren wissenschaftlichen und technischen Vorlauf, dies wird in dieser großen Zusammenschau der Entwicklung der Informationstechnologie immer wieder deutlich.

Das Buch legt zwar den Schwerpunkt auf die wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften, aber immer im Kontext der jeweiligen Epoche und wird damit auch zu einem Abriss der gesellschaftlichen Entwicklung. Der große Fokus liegt hier auf der grafischen Darstellung, auf den Bildern sowohl der historischen „Rechner“ mit neuen aufwändigen Fotografien, zeitgenössischen Originalbildern und vielen hochwertig wiedergegebenen Werbeanzeigen. Die einleitenden Texte zu den Kapiteln und die etwas weitergehenden Erläuterungen sind dreisprachig gehalten, deutsch im Original, sowie englisch und französisch als Übersetzungen. Hervorgehobene Zitate von Zeitzeugen und die Bildunterschriften sind allerdings nur in Englisch wiedergegeben. Da die Übersetzungen eher sinngemäß angelegt sind, lohnt es sich manchmal die unterschiedlichen Sprachfassungen zu lesen, die Angaben variieren u.U. im Detail (zumindest im Vergleich von Deutsch und Englisch, den französischen Text kann ich mangels Sprachkenntnisse nicht beurteilen).

FliegerRevue im Lauf der Zeit. (Bild: Andreas Weise)
Buch-Backcover in rosa mit 12 Bildern mit Computerbezug.
Bild: Stefan Goth

Die Aufmachung des großformatigen Buches (B x H x T: 25,5 x 37,8 x 4,5 cm, 8,980 kg, 60 €) ist, wie vom TASCHEN-Verlag nicht anders zu erwarten, sehr hochwertig. Der Fokus liegt ganz klar auf der exzellenten visuellen Wiedergabe der Bilder, die Texte zu einzelnen Objekten oder die Vita der wichtigsten Protagonisten sind eher kurz und knapp gehalten. Mit nominell 472, tatsächlich aber 476 bedruckten Seiten, es kommen noch die Innenseiten der Buchdeckel und die Außenseiten des Covers hinzu, sprengt es auf jeden Fall den Rahmen dessen, was man sich unter einem „Taschenbuch“ vorstellt, hier sollte man sich vom Namen des Verlags nicht Irre machen lassen. Auch für Menschen, die einen gewissen Teil der „Computerisierung“ in der Arbeitswelt und im privaten Umfeld mitgemacht haben, bietet dieses ausdrucksstarke Werk viele neue Erkenntnisse aber auch ein Wiedersehen mit „alten Bekannten“. Dieses „Bilderbuch für Erwachsene“ kann ich allen technikinteressierten Menschen dringendst empfehlen!

Stefan Goth

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