CubeSat-Aktivitäten in Deutschland

Die NASA möchte die kleinen Raumschiffe für die Exploration des Sonnensystems einsetzen. Aber auch in Deutschland wird an verschiedenen Orten an CubeSats gearbeitet.

Ein Beitrag von Viktoria Schöneich. Quelle: FH Aachen, TU Berlin, TU Dresden, TU München, Uni Stuttgart, Uni Würzburg

CubeSats bieten viele Vorteile: Sie sind preiswert, verhältnismäßig wenig komplex und können durch ihre geringe Größe und ihr geringes Gewicht einfacher und günstiger in den Erdorbit transportiert werden. Raumfahrt ist durch sie auch für Universitäten und Institute erschwinglich, die neue und revolutionäre Techniken im Weltall erproben möchten. Auch in Deutschland wird nun an vielen Standorten die Chance genutzt, die die kleinen Satelliten bieten. Nicht nur lassen sich hardwareseitig preiswerte Missionen realisieren, die Universitäten haben auch die Möglichkeit, Studenten an ihren Projekten mitwirken zu lassen. Dies sorgt für verringerte Personalkosten seitens der Institute und einen wichtigen Wissenstransfer und Praxiserfahrung für die Raumfahrtingenieure von morgen. Im Folgenden sollen ein paar Missionen vorgestellt werden, die momentan an deutschen Instituten entwickelt werden.

CubeSat-Start von den NanoRacks der ISS.
(Bild: NASA)
CubeSat-Start von den NanoRacks der ISS.
(Bild: NASA)

Aachen
An der Fachhochschule Aachen wird momentan COMPASS-2 entwickelt. Er soll bereits in diesem Jahr im Rahmen der Mission QB50 fliegen, in der 50 CubeSats in den niedrigen Erdorbit ausgesetzt werden sollen. Er hat eine Größe von 10x10x34,5 cm3 und ist damit ein 3U CubeSat. Eine Unit sind 10x10x10 cm3, die 4,5 cm zusätzlich erklären sich durch den CubeSat-Standard, nach dem die Würfel 11,35 cm entlang der Z-Achse messen dürfen.
COMPASS-2 ist wie folgt aufgebaut: In der Mitte befindet sich ein Service-Modul, in dem sich die Subsysteme befinden, die den Satelliten gewissermaßen am Leben erhalten. Hierzu zählen beispielsweise On-Board-Rechner und Kommunikationseinheit. Diese Einheit soll als universelles Servicemodul ausgelegt werden, sodass in Zukunft die zwei peripheren Module mit beliebiger Nutzlast gefüllt sein können. In einem der Nutzlast-Einheiten befindet sich ein Dragsail: eine Folie, die zum Lebensende des Satelliten entfaltet werden soll und den Widerstand in der Restatmosphäre erhöht. Das Dragsail sorgt dafür, dass der CubeSat schneller wieder in die Atmosphäre eintritt und nicht als Weltraumschrott zurück bleibt, wie es bei einem Großteil der CubeSats momentan der Fall ist. Im zweiten Nuzlastmodul sollen entfaltbare Dünnfilmsolarzellen untergebracht sein, die im Weltraum getestet werden sollen.

Berlin
Die TU Berlin wartet gleich mit mehreren Projekten im Bereich der Nanosatelliten auf. Nicht nur wird Hardware für diese verhältnismäßig neue Satellitenklasse entwickelt, es wird auch an CubeSat-Missionen gearbeitet, die diese Hardware erproben sollen. Zur Zeit werden 3 Projekte bearbeitet.
BEESAT-4 soll an die Vorgängermissionen BEESAT 1-3 anknüpfen, die bereits erfolgreich ins All gebracht wurden. Von ihnen erbt BEESAT-4 die Kamera und den Satellitenbus in teilweise modifizierter Form. Im Laufe dieser Mission soll ein System im Orbit qualifiziert werden, mit dem eine genauere Orbit- und Positionsbestimmung möglich sein wird. Alle Satelliten der Baureihe haben eine Größe von 1U.
TechnoSat ist als Vorgängermission für TUBIN konzipiert. Es soll hier kritische Hardware erprobt werden, die während der TUBIN-Mission zum Einsatz kommen wird, namentlich Sensoren und Aktuatoren zur Lageregelung, eine Kamera und ein S-Band-Sender. Außerdem sind Laser-Retroreflektoren angebracht. TUBIN selbst soll schließlich eine Nutzlast für thermales Infrarot testen, die für Fernerkundungsaufgaben vorgesehen ist. Beide Missionen haben den gleichen Satellitenbus, der im Rahmen der Missionen ausgiebig getestet werden soll.

Von links nach rechts: Der Sauerstoffsensor FIPEX an der ISS, SOMP und SOMP2
(Bild: TU Dresden)
Von links nach rechts: Der Sauerstoffsensor
FIPEX an der ISS, SOMP und SOMP2
(Bild: TU Dresden)

Dresden

An der TU Dresden wird momentan am Projekt SOMP2 gearbeitet. Fast alle Komponenten des 2U-Nanosatelliten werden vollständig neu entwickelt. Dies geschieht mit dem Ziel, einen Satellitenbus zu entwerfen, der bei kommenden Missionen gleichbleibend bei wechselnden Nutzlasten eingesetzt werden kann.
Auf SOMP2 soll ein Sensor zur Vermessung des atomaren Sauerstoffes in der Atmosphäre zum Einsatz kommen und Daten zur Validierung von Atmosphärenmodellen sammeln. Ein Vorgänger dieses Sensors ist bereits auf der Internationalen Raumstation zum Einsatz gekommen, nun soll die miniaturisierte Variante auch auf CubeSats fliegen. Weiterhin soll die Veränderung von Carbon-Nanoröhrchen unter Weltraumbedingungen gemessen werden. Dieses Material ist unter anderem als Kandidat für einen Weltraumfahrstuhl und Tether-Anwendungen im Gespräch, eine Untersuchung könnte also zukünftigen, unkonventionellen Raumfahrtkonzepten wertvolle Informationen liefern. Weiterhin soll ein neues Konzept zur Energiegewinnung erprobt werden. Das Temperaturgefälle innerhalb des Satelliten soll zur Stromversorgung genutzt werden; die gewonnene Leistung soll ausreichen, um Houskeeping-Aufgaben zu erfüllen.
Als Teil von QB50 soll der Satellit bereits im August 2016 fertig gestellt werden und von der Internationalen Raumstation gestartet werden. Die ISS verfügt dafür über so genannte NanoRacks, mit denen auch in der Vergangenheit bereits viele Satelliten gestartet wurden.

Bei der Südatlantischen Anomalie ist das Erdmagnetfeld besonders schwach.
(Bild: Wikipedia)
Bei der Südatlantischen Anomalie ist das
Erdmagnetfeld besonders schwach.
(Bild: Wikipedia)

München
Der 2U-CubeSat MOVE-II wird vor allem von Studierenden entwickelt, die seitens der Technischen Universität München Unterstützung erhalten. Die Konfiguration beinhaltet einen 1U-Satellitenbus, der die Servicesysteme enthält. Die zweite Unit wird von der Hauptnutzlast ausgefüllt. Hierbei handelt es sich um einen Detektor, der niederenergetische Antiprotonen messen und das Verständnis über die Strahlungsgürtel der Erde verbessern soll. Da der vorgesehene Orbit sich unterhalb der zu untersuchenden Strahlungsgürtel befindet, können die Messungen nur in der Region der südatlantischen Anomalie durchgeführt werden. Hier ist das Magnetfeld der Erde geschwächt und somit eine Messung möglich. Durch die anspruchsvolle Nutzlast müssen viele Systeme der Vorgängermission MOVE weiterentwickelt werden. Die Erprobung eines leistungsfähigen On-Board Computers und eines neuen Solarpaneel-Entfaltungsmechanismus unter Weltraumbedingungen ist deswegen ein Sekundärziel, das im Rahmen der Mission erreicht werden soll.
Auch bei MOVE-II soll der Satellitenbus so flexibel angelegt werden, dass bei Nachfolgemissionen eine beliebige Nutzlast im zweiten Segment mitgeführt werden kann. Das Projekt, das sich momentan in Phase B befindet und somit gerade die vorläufige Designphase durchläuft, soll 2017-2018 starten.

Der CAPE-Satellit. An der Spitze des Servicemoduls befindet sich die Wiedereintrittskapsel.
(Bild: Universität Stuttgart)
Der CAPE-Satellit. An der Spitze des
Servicemoduls befindet sich die
Wiedereintrittskapsel.
(Bild: Universität Stuttgart)

Stuttgart

In Stuttgart wird, ähnlich wie in München, die Gestaltung des Projekts CAPE vor allem von Studierenden übernommen. CAPE besteht aus einem Servicemodul, das unter anderem ein elektrisches Triebwerk beherbergt, das sich momentan noch in Entwicklung befindet. Es ist dafür ausgelegt, eine beliebige Nutzlast von 1U Größe, also auch andere CubeSats, auf einen höheren oder niedrigeren Orbit zu bringen.
Hauptnutzlast des Service-Moduls während der CAPE-Mission wird die bis dato kleinste Wiedereintrittskapsel der Welt, MIRKA2 sein. Sie weist einen Durchmesser von maximal 10 cm auf. Die geringe Größe stellt besondere Anforderungen an die Elektronik und Energieversorgung, die im Inneren der Kapsel Platz finden müssen. Neben der Demonstration, dass eine Wiedereintrittskapsel in dieser Größe möglich ist, soll ein neues Hitzeschutzmaterial getestet werden. Hierfür soll mit Hilfe des Service-Moduls der Orbit soweit abgesenkt werden, bis die Höhe ausreichend gering ist, um den Wiedereintritt einzuleiten. Ihre erste Feuertaufe wird die Kapsel im Rahmen der Höhenforschungsraketenkampagne REXUS in diesem Frühjahr haben: Hier soll bei einem Fall aus etwa 80 km Höhe die Elektronik und Kommunikation einem ersten realen Test unterzogen werden.

Würzburg
An der Universität Würzburg ist der Schwerpunkt von Neuerungen im Nanosatellitensegment vor allem softwareseitig. Die SONATE-Mission, zu der nun die Planungen begonnen haben, hat das ambitionierte Ziel, eine autonome Zielplanung zu erproben. Konkret bedeutet dies, dass der Satellit bei einer Beobachtung selbstständig entscheidet, ob das Ereignis wichtig genug für weitere Beobachtungen ist oder ob eine einfache Auswertung genügt. Dies hat zum Ziel, seltene Ereignisse besser erforschen zu können und beispielsweise bei interplanetaren Missionen eine größere Autonomie zu ermöglichen. Auch ein neues Diagnosesystem, das eine automatische Fehlerbehebung ohne notwendigen Eingriff von der Erde verspricht, soll auf SONATE geflogen werden.
Ein Weiteres Projekt, NACOMI, beschäftigt sich mit der Kommunikation von Nanosatelliten bei interplanetaren Flügen. Zwar fehlt noch ein Satellit, bei dem das System NACOMI schließlich mitfliegen kann, allerdings ist bis zur Fertigstellung eines Prototyps im Jahr 2018 auch noch etwas Zeit.

Zusammenfassend kann man sagen, dass auch am Standort Deutschland im Bereich der Kleinstsatelliten neue Technologien und Ideen ihren Eingang finden. Auch wenn die ambitionierten interplanetaren Missionen der NASA zunächst größer erscheinen mögen, werden auch an deutschen Institutionen konkrete Probleme gelöst, die die Entwicklung von Nanosatelliten als zukunftsträchtige Plattform voran bringen. Eine Investition in die Zukunft sind die Projekte, die maßgeblich von Studierenden mitgestaltet werden, in jedem Fall.

Redaktioneller Hinweis: Die Autorin ist am Projekt CAPE als Systemingenieurin für das Servicemodul beteiligt.

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