700 Tage Dauerschub

Die NASA-Asteroidensonde DAWN schiebt sich langsam seinem Ziel entgegen. Das Ionentriebwerk hat nach langer Ruhe wieder mit einer Brennphase begonnen.

Ein Beitrag von Lars-C. Depka. Quelle: NASA.

Die Zeit des Chillens ist vorbei. Seit nun mehr 22 Tagen heißt es für DAWN schon wieder volle Kraft voraus. Seit dem 8. Juni feuert das Ionentriebwerk, um die Sonde nach ihrer längsten planmäßigen antriebslosen Phase wieder zu beschleunigen. DAWN ist eine NASA-Mission im Rahmen des Discovery-Programms (kostengünstige, in Planung, Konzipierung und Umsetzung komprimierte Vorhaben) und hat zur Hauptaufgabe, die als noch sehr ursprünglich angesehenen Körper des Asteroidenhauptgürtels zwischen Mars und Jupiter zu untersuchen und so näheren Aufschluss über die Frühgeschichte des Sonnensystems zu erlangen. Planmäßige Ankunft bei Vesta wird in 786 Tagen sein.
In der seit Ende Oktober andauernden, siebenmonatigen Ruhephase wurde das Treibwerk lediglich für eine kleinere Bahnkorrektur, die die Sonde im Wege des Mars-Swingby benötigte, sowie Systemchecks nach automatischer Softwareinstallation, die das bordeigene Betriebssystem auf die aktuelle Version 8.0 via dem Kommunikationskomplex des Deep Space Network patchte, und das hauptsächlich zu einer verbesserten Datentransferrate der Hilfsantennen der Sonde führen soll, im vergangenen April benötigt.

NASA
Künstlerische Ansicht von Dawn
(Bild: NASA)

Die Übertragungsrate der Daten zur Sonde beträgt quälend langsame 2000 bits/sec, jeder mobile Surfstick bringt selbst im tiefsten Wald mehr, aber der Faktor entspricht durchaus der gängigen Praxis und ist die Maximalrate, mit der Daten und Kommandos zu interplanetaren Missionen übertragen werden. Erstmals im Laufe der bisherigen Mission war das Datenpaket so umfangreich, dass die benötigte Übertragungszeit über die 18 Minuten hinausging, die die mit Lichtgeschwindigkeit reisenden Signale zu Sonde benötigen. Als die erste Kommandosequenz von DAWN empfangen wurde, machten sich erst die letzten Sequenzen von der Erde aus auf dem Weg, was der Etablierung eines durchgehenden, ununterbrochenen Radiolinks über mehr als 320 Millionen Kilometer Distanz und die rechnerische Streckung eines jeden Bits auf immerhin 150 km Länge entsprach.

Nun also ist die Zeit des antrieblosen Fluges vorbei und die Leistung des Ionentriebwerks wird dazu genutzt, den Orbit der Sonde um die Sonne schrittweise anzupassen. Etwas Geduld ist dabei durchaus gefragt, reicht ein 24stündiger Dauereinsatz des Triebwerks doch nur zu einer moderaten relativen Geschwindigkeitserhöhung um 7 Meter/sec. Während der aktuellen Brennphase betragen die Brennpausen des Triebwerks wöchentlich nicht mehr als 6 bis maximal 8 Stunden, in denen es zu planmäßigen Kommunikationszeiten mit dem Kontrollzentrum kommen wird. Dazu muß die Hauptantenne jeweils in Richtung Erde geschwenkt werden, was kongruent eine Neuausrichtung der gesamten Sonde zu Folge hat.

Das Dauerbrennen über lange Zeiträume macht das im Hinblick auf seine Wirkdauer effiziente Konzept des Ionenantriebs möglich. Er funktioniert ähnlich wie beispielsweise chemische Feststofftriebwerke auch nach dem Rückstoßprinzip. Als Treibstoff (der bei elektrischen Antrieben „Stützmasse“ genannt wird) findet das chemisch extrem reaktionsträge Edelgas Xenon Verwendung, dessen neutralisierter Ionenstrahlausstoß eine Bewegung anregt.

Zunächst wird das Xenon ionisiert, es findet ein Abspalten von Elektronen aus der Atomhülle der Gasteilchen statt. Unter Ausnutzung eines elektrischen Feldes werden die ionisierten Teilchen beschleunigt, bevor ihnen im sogenannten Nautralisator wieder Elektronen angelagert werden und sie somit eine elektrisch neutrale Ladung aufweisen. Die neutralen Teilchen werden schließlich in Form eines Strahls ausgestoßen, der den Rückstoß initiiert. Die elektrisch neutrale Ladung ist für die Funktionsweise des Ionenantriebs von essentieller Bedeutung. Ohne sie würde der ausgestoßene Strahl diffundieren und in einem Bogen zum Raumfahrzeug zurückkehren, was letztlich die Schubwirkung aufzehren würde.

Der Tagesverbrauch liegt derzeit bei etwa 260 Gramm Xenon, der hieraus erzeugte Schub entspricht einer Gewichtskraft von unter 100 Millinewton (die berühmte Postkarte-auf-der-Hand-Gewichtskraft entspricht ca. 70 Millinewton), woraus eine relative Beschleunigung von null auf 100 km/h in etwas weniger als vier Tagen Vollgas abgeleitet werden könnte, jedoch bei einem Verbrauch von nur knapp über einem kg Stützmasse.

Um die terminierte Ankunftszeit bei Vesta im September 2011 zu halten, sind gemäß Antriebsprofil noch mehr als 700 Tage durchgehendes Brennen des Triebwerks notwendig. Derzeit befindet sich DAWN fast 2,0 Astronomische Einheiten (AE) oder 291 Millionen Kilometer bzw. 775 Mal weiter als der Mond, von der Erde entfernt.

Raumcon

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