Der 3D-Druck dürfte nicht nur die Kleinstserien-Produktion von Bauteilen für die Raumfahrt auf der Erde revolutionieren. Durch die Nutzung an Bord von Raumschiffen und -stationen verspricht man sich erhebliche logistische Vereinfachungen. Der Aufwand für den Teilenachschub könnte erheblich verringert werden, wenn unter Bedingungen der Schwerlosigkeit vor Ort notwendige Objekte hergestellt werden können. Die NASA beginnt nun mit ersten Tests des 3D-Drucks an Bord der ISS.
Ein Beitrag von Roland Rischer. Quelle: NASA.
Am 17. November 2014 wurde an Bord der ISS der erste 3D-Drucker in der Microgravity Science Glovebox installiert. Das Gerät vom Startup-Unternehmen Made in Space Inc., Mountain View, Kalifornien, wurde am 21. September 2014 mit SpaceX CRS-4 zur Internationalen Raumstation gebracht. Es wird nun für anstehende 3D-Druckexperimente vorbereitet. Der additiv arbeitende Drucker wird zur Kalibrierung zunächst eine Serie kleiner Kunststoff-Plättchen (Coupons) etwa in Größe einer Briefmarke produzieren. Additiv heißt, dass zur Erstellung eines Objektes Schicht um Schicht ein Werkstoff aufgebracht wird, in diesem Fall Kunststoff (Acrylnitril Butadien Styrol). Nach Kalibrierung werden Testkupons produziert. Die Daten zur Produktion dieser Testkupons wurden bereits vor dem Start im Drucker abgespeichert. Zudem wurde noch vor dem Start im Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville, Alabama, auf dem gleichen Drucker eine identische Serie dieser Plättchen hergestellt. Die auf der ISS unter Bedingungen der Schwerelosigkeit, genauer Mikrogravitation, produzierten Exemplare werden nach Rücktransport zur Erde mit den unter normalen Schwerkraftbedingungen erstellten hinsichtlich ihrer Produktionsgenauigkeit und Materialeigenschaften genauestens verglichen.
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(Bild: NASA-TV)
„Oberstes Ziel in der jetzigen ersten Phase ist“, so Niki Werkheiser, 3D-Projektmanagerin im Technology Development & Transfer Office des Marshall Space Flight Center, „den Nachweis zu führen, dass ein 3D-Druckprozess unter den Bedingungen der Mikrogravitation genau so gut funktioniert wie auf der Erde.“ Wenn das gelingt, stehen in der zweiten Phase Design und Brauchbarkeit zu druckender Gegenstände auf der Tagesordnung.
Der 3D-Drucker an Bord der ISS kann Gegenstände mit einer maximalen Größe von 12 x 6 x 6 Zentimetern herstellen. Je nach Komplexität dauert ein Druckvorgang 15 bis 60 Minuten. Das Gerät und die Produktionsprozesse können von der Erde aus vollständig kontrolliert werden. Astronauten werden im Idealfall nur zur Druckvorbereitung und Entnahme des fertigen Produktes benötigt. Im Zuge der Tests werden später die Daten zu produzierender Gegenstände von der Erde zur ISS hochgeladen. Zur Einreichung von Produktideen sind im Rahmen eines Wettbewerbs auch US-Studenten eingeladen.
Dem 3D-Druck wird eine Schlüsselrolle in der Raumfahrt der Zukunft zugeschrieben. Letztendlich soll das Verfahren mittelfristig einer „Produktion auf Bestellung“ im Weltall den Weg bereiten. Die Fähigkeit, mittels 3D-Drucker in einem Raumschiff vor Ort (Ersatz-) Teile zu produzieren, hätte ganz praktische Auswirkungen. Lediglich einige Rohstoffe statt eine Vielzahl von Einzelteilen zu transportieren, würde die Planung von Langzeit-Missionen revolutionieren. Erdnahe Raumstationen würden unabhängiger von Versorgungsmissionen. Fernmissionen wären einfacher zu konzipieren.
Neben der Produktion von Bauteilen und Werkzeugen an Bord von Raumschiffen arbeitet man noch an zwei weiteren grundlegenden Anwendungen des 3D-Drucks in der Raumfahrt. Das ist zum einen die Herstellung von Nahrungsmitteln. Zum anderen verspricht man sich mit großen 3D-Druckern und der Nutzung von Regolith als ausreichend vorhandenem Rohstoff weitreichende Vereinfachungen beim Bau einer Mondstation.
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