Chang’e 2 erneut auf Reisen

Die chinesische Mondsonde Chang’e 2 hat offenbar bereits vor einigen Wochen ihre Position am Lagrangepunkt L2 des Sonne-Erde-Systems verlassen und soll nun den Anflug auf einen kleinen, erdnahen Asteroiden versuchen.

Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: Planetary Society, Wikipedia, Raumcon.

NASA/ESA
Lage des Lagrangepunktes
(Bild: NASA/ESA)

Dabei Bilder des Asteroiden Toutatis einzufangen ist ein schwieriges Unterfangen und wäre für die chinesischen Techniker und Wissenschaftler eine großartige Premiere. Im Vergleich zum Mond ist der Asteroid mit 4,5 × 2,4 × 1,9 km nämlich sehr klein. Zudem kann Chang’e 2 den Kleinkörper lediglich passieren und hat damit nur wenig Zeit für wissenschaftliche Untersuchungen und Bilder.

Toutatis wurde 1989 entdeckt und umläuft die Sonne auf einer elliptischen Bahn mit Entfernungen von 0,92 bis 4,12 Astronomischen Einheiten (AE). Eine AE ist der mittlere Abstand der Erde zur Sonne und beträgt knapp 150 Millionen Kilometer. Aufgrund seiner Umlaufzeit von 1.463 Tagen begegnet Toutatis der Erde im Abstand von etwa 4 Jahren immer wieder. Beim vorletzten Vorbeiflug in etwa 1,5 Millionen Kilometern Abstand konnte er bei guter Sicht sogar durch ein Fernglas als kleiner heller Punkt wahrgenommen werden.

Am 12. Dezember erreicht Toutatis erneut seine erdnächste Position, diesmal knapp 7 Millionen Kilometer von uns entfernt. Kurze Zeit später böte sich für die Raumsonde Chang’e 2 die Gelegenheit eines Vorbeifluges. Für eine gelungene Aufnahme müsste dieser in weniger als 5.000 Kilometern Entfernung erfolgen. Dazu hat Chang’e 2 seine Position an L2 offenbar um den 15. April verlassen. Die Begegnung mit Toutatis könnte demnach am 6. Januar 2013 erfolgen.

Chang’e 2 startete am 1. Oktober 2010 ins All und wurde auf eine direkte Flugbahn zum Mond gebracht. Am 6. Oktober erreichte man eine elliptische Umlaufbahn um den Erdtrabanten, die anschließend zirkularisiert wurde. Im Verlaufe eines dreiviertel Jahres wurde die gesamte Oberfläche des Mondes mit hoher Auflösung um 7 Meter fotografiert und die Daten zur Erde übermittelt. Dabei wurden auch Detailaufnahmen mit etwa 1,5 Metern Auflösung gemacht, da einige Gebiete in nur 15 Kilometern Höhe überflogen wurden. Da der Mond keine Atmosphäre besitzt, ist dies ohne weiteres möglich.

Am 9. Juni 2011 wurden die Triebwerke der Sonde erneut gezündet. Dadurch wurde Chang’e 2 auf eine Flugbahn zum Lagrangepunkt L2 des Sonne-Erde-Systems gebracht. An L2 auf der sonnenabgewandten Seite der Erde heben sich die gemeinsamen Anziehungskräfte von Sonne und Erde mit der nach außen gerichteten Fliehkraft der Bahn auf. Diese Position bietet also eine gewisse Stabilität. Hier befinden sich auch die ESA-Weltraumteleskope Herschel und Planck. Der Lagrange-Punkt ist allerdings eher eine Region mit mehreren Hunderttausend Kilometern Ausdehnung, etwa 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Er folgt zudem der Bewegung der Erde.

Chang’e 2 hielt sich hier etwa 10 Monate lang auf. Dabei wurden der Sonnenwind gemessen sowie die Systeme getestet und so wichtige Erfahrungen im Betrieb einer Tiefraumsonde gesammelt. Der Abflug am 15. April 2012 markierte den Beginn der dritten Nutzungsphase des eigentlich nur als Mondsonde geplanten Raumfahrzeugs.

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