Mars Express und die Region Melas Dorsa

Bereits Ende der letzten Woche veröffentlichte Aufnahmen der Raumsonde Mars Express zeigen einen Schmetterlingskrater und Runzelrücken in der Region Melas Dorsa auf dem Mars.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: FU Berlin, DLR, ESA.

ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum)
Eine topografische Karte der Region Melas Dorsa auf dem Mars. Der durch die HRSC-Kamera abgebildete Bereich ist umrahmt.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

Die fast 500 Kilometer durchmessende Region Melas Dorsa bildet einen Teil der rund vier Millionen Quadratkilometer umfassenden Tharsis-Vulkanregion auf dem Mars. Die Melas Dorsa befinden sich im östlichen Bereich der Tharsis-Region und werden im Westen von den beiden Hochebenen Sinai Planum und Solis Planum begrenzt. Am östlichen Rand der Melas Dorsa grenzt dagegen das ebenfalls zur Tharsis-Region gehörige Thaumasia Planum. Etwa 250 Kilometer nördlich der Melas Dorsa befindet sich das Melas Chasma, welches zu der zentralen Struktur des fast 4.000 Kilometer langen und stellenweise bis zu 700 Kilometer breiten “Valles Marineris”-Grabens, des größten bekannten Grabenbruchsystems innerhalb unseres Sonnensystems, zählt.

Am 17. April 2012 überflog die von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Raumsonde Mars Express während ihres Marsorbits Nummer 10.532 den westlichen Bereich der Melas Dorsa und bildete das Gebiet mit der High Resolution Stereo Camera (HRSC), einem der insgesamt sieben wissenschaftlichen Instrumente an Bord des Marsorbiters, ab. Aus einer Überflughöhe von mehreren hundert Kilometern erreichte die HRSC-Kamera dabei eine Auflösung von etwa 18 Metern pro Pixel. Die hier zu sehenden Aufnahmen zeigen einen bei 18 Grad südlicher Breite und 288 Grad östlicher Länge gelegenen Ausschnitt dieser Region.

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Eine Farbansicht des durch die HRSC-Kamera abgebildeten Bereiches. Norden befindet sich rechts im Bild.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

Auf dem nebenstehenden Farbbild fällt sofort ein etwa 16 Kilometer durchmessender, leicht elliptische Krater auf, dessen so genannte “Auswurfdecke” eine sehr schöne Schmetterlingsform aufweist. Um eine derartig geformte Ejektadecke zu bilden, muss der zugrunde liegende Impakt eines mehrere hundert Meter durchmessenden Asteroiden oder Kometen auf der Planetenoberfläche in einem flachen Winkel erfolgt sein.

Außerdem sind sehr gut die quer durch das Bild laufenden, rückenartigen Strukturen zu erkennen. Hierbei handelt es sich um so genannte Runzelrücken (englische Bezeichnung “wrinkle ridges”). Die Runzelrücken werden in der Geologie zu den tektonischen Landschaftsformen gezählt. Sie entstehen in mächtigen Gesteinsablagerungen, welche aus den aufeinander folgenden Ablagerungen einzelnen Gesteinsschichten aufgebaut sind. Durch starken Druck, welcher durch in der Planetenkruste auftretende tektonische Spannungen aufgebaut wird, werden diese Gesteinsschichten gestaucht, wobei sich aufgrund der Verkürzung der Oberfläche die charakteristischen Rücken ausbilden.

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Ein perspektivischer Blick über das Melas Dorsa.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

Eine weitere interessante tektonische Erscheinung ist in der linken Bildhälfte zu erkennen. Offensichtlich erst nach der Ausbildung der Runzelrücken ereigneten sich weitere Verschiebungen in der Planetenkruste, welche dabei zu der Ausbildung mehrerer Störungen führten. Hintereinander gestaffelt durchziehen die dabei entstandenen Bruchstrukturen nahezu den gesamten linken Bereich der Aufnahme. Vergleichbare Strukturen sind auch auf der Erde bekannt und werden hier von den Geologen als so genannte “en echelon”-Verschiebungen (französich für “gestaffelte Verschiebungen”) bezeichnet.

Ein weiteres markantes Merkmal in der Aufnahme bildet ein nahezu komplett mit Sedimentablagerungen verfüllter Krater, welcher im mittleren Bereich am oberen Rand des Bildabschnittes zu erkennen ist. In seinem Inneren weist dieser Impaktkrater konzentrisch geformte Ablagerungen auf, welche den Planetologen Hinweise auf die Materialbeschaffenheit der Füllung liefern könnten.

Die hier gezeigten Nadir-Farbansicht des Melas Dorsa wurde aus dem senkrecht auf die Planetenoberfläche blickenden Nadirkanal und den vor- beziehungsweise rückwärts blickenden Farbkanälen der HRSC-Stereokamera erstellt. Die Schrägansicht wurde aus den Aufnahmen der Stereokanäle der HRSC-Kamera berechnet. Das weiter unten zu sehende Anaglyphenbild, welches bei der Verwendung einer Rot-Cyan- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal der Kamera abgeleitet. Des Weiteren können die Wissenschaftler aus einer höhenkodierten Bildkarte, welche aus den Nadir- und Stereokanälen der HRSC-Kamera errechnet wird, ein digitales Geländemodell der abgebildeten Marsoberfläche ableiten.

ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum)
Durch die Betrachtung mit einer Rot-Cyan- oder Rot-Grün-Brille wird mit dieser 3D-Aufnahme ein räumlicher Eindruck der Landschaft vermittelt.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

Das HRSC-Kameraexperiment an Bord der ESA-Sonde Mars Express wird vom Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Gerhard Neukum von der Freien Universität Berlin geleitet. Dieser hat auch die technische Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen. Das für die HRSC-Kamera verantwortliche Wissenschaftlerteam besteht aus 40 Co-Investigatoren von 33 Institutionen aus zehn Ländern.

Die HRSC-Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt unter der Leitung von Prof. Dr. Gerhard Neukum entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH) gebaut. Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Bilddaten erfolgt am DLR. Die Darstellungen der hier gezeigten Mars Express-Bilder wurden von den Mitarbeitern des Instituts für Geologische Wissenschaften der FU Berlin in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Planetenforschung erstellt.
Weitere während des Orbits Nummer 10.532 durch die HRSC-Kamera angefertigte Aufnahmen des Melas Dorsa finden Sie auf der entsprechenden Internetseite der FU Berlin. Speziell in den dort verfügbaren hochaufgelösten Aufnahmen kommen die verschiedenen Strukturen der Marsoberfläche besonders gut zur Geltung.

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