Das Radioteleskop ALMA ist komplett

Kürzlich wurde die letzte der 66 Antennen geliefert aus denen sich das Radioteleskop ALMA zusammensetzt. Im Betriebsmodus erreicht das ALMA ein Auflösungsvermögen, welches die Auflösung früherer Himmelsbeobachtungen um den Faktor 10 übertreffen wird.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO.

ESO, C. Pontoni
Dieses Foto zeigt die letzte der insgesamt 66 Antennen für das ALMA-Teleskop kurz bevor diese an das ALMA-Observatorium übergeben wurde.
(Bild: ESO, C. Pontoni)

Das Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (kurz “ALMA”) ist das größte derzeit auf der Erde verfügbare Radioteleskop. Es handelt sich hierbei um einen aus 66 einzelnen Antennen bestehenden Teleskopverbund, welcher sich in einer Höhe von 5.100 Metern über dem Meeresspiegel auf dem Chajnantor-Hochplateau in der nordchilenischen Atacama-Wüste befindet. Im Zentrum der Anlage befindet sich eine Anordnung von 50 Antennen mit einem Durchmesser von jeweils 12 Metern, welche im Verbund wie ein einziges Teleskop agieren. Ergänzt wird die Anlage durch weitere vier Antennen mit jeweils 12 Metern Durchmesser und zwölf Antennen mit sieben Metern Durchmesser. Die ALMA-Antennen sind beweglich und können mittels zwei spezieller Transporter so auf dem Hochplateau angeordnet werden, dass sich zwischen den Antennen Maximalabstände zwischen 150 Metern bis 16 Kilometern ergeben. Durch die Möglichkeit solcher Abstandsänderungen wird ALMA zu einer Art gigantischem “Zoomteleskop”.

Das ALMA ist in der Lage, das Universum bei Wellenlängen zwischen 0,3 und 9,6 Millimetern im Millimeter- und Submillimeterbereich des elektromagnetischen Spektrums mit noch nie da gewesener Empfindlichkeit und Auflösung zu erforschen. Der Teleskopverbund verfügt dabei über eine bis zu zehnmal bessere Auflösung als das Weltraumteleskop Hubble. Mit Hilfe der Millimeterstrahlung hoffen die Astronomen, einige der wichtigsten Fragen zur Entstehung und Entwicklung des Universums beantworten zu können.
So lassen sich zum Beispiel in diesem Wellenlängenbereich die chemischen und physikalischen Bedingungen im Inneren von Molekülwolken untersuchen – den dichten Gas- und Staubregionen, in denen sich neue Sterne bilden. Diese Gebiete des Universums sind oftmals dunkel und für das sichtbare Licht undurchdringlich. Im Millimeter- und Submillimeterbereich leuchten diese Wolken dagegen hell und ermöglichen einen Blick auf ihr Inneres. Weitere Strahlungsquellen sind einige der ältesten und am weitesten von unserem Sonnensystem entfernten Galaxien des Universums.

ESO, C. Pontoni
Die 25. von Europa beigesteuerten ALMA-Antennen kurz vor der offiziellen Übergabe.
(Bild: ESO, C. Pontoni)

Diese zwischen Infrarot und Radiowellen im elektromagnetischen Spektrum angesiedelte Millimeter- und Submillimeterstrahlung, welche den professionellen Astronomen den Blick auf das immer noch rätselhafte “kalte Universum” ermöglicht, wird beim Durchgang durch die Erdatmosphäre durch den in der Atmosphäre enthaltenen Wasserdampf stark abgeschwächt. Dies ist auch der Grund dafür, dass sich der ALMA-Komplex auf dem Chajnantor-Plateau befindet – einem der weltweit höchstgelegenen Beobachtungsstandorte.

Erste wissenschaftlich verwertbare Aufnahmen lieferte das ALMA bereits im Sommer 2011, obwohl sich die Anlage zu diesem Zeitpunkt noch im Aufbau befand. Aber bereits vor seiner Fertigstellung wurde ALMA intensiv für verschiedene wissenschaftliche Projekte genutzt und hat dabei sein großes Potenzial durch die Veröffentlichung diverser wissenschaftlicher Ergebnisse bewiesen. Die offizielle Einweihung der Teleskopanlage erfolgte schließlich am 13. März 2013. Dieser Festakt markierte die Fertigstellung aller Hauptsysteme der gigantischen Anlage und den formalen Übergang von einem Bauprojekt zu einem vollwertigen Observatorium.

Aber erst jetzt wurde auch die letzte der 66 Antennen an das ALMA-Observatorium übergeben. Die 12 Meter durchmessende Antenne wurde von dem europäischen AEM-Konsortium, welches sich aus den Firmen Thales Alenia Space, European Industrial Engineering und MT-Mechatronics zusammensetzt, hergestellt und schließt die Lieferung von insgesamt 25 europäischen Antennen erfolgreich ab. Nordamerika hat weitere 25 Antennenschüsseln mit 12 Metern Durchmesser zur Verfügung gestellt, während Ostasien 16 Antennen (vier mit 12 Metern und zwölf mit sieben Metern Durchmesser) bereitgestellt hat.

Die Übergabe der letzten Antennenschüssel beendet nun endgültig die Bauphase von ALMA und läutet die wissenschaftliche Nutzung aller 66 Antennenschüsseln ein, welche noch vor dem Ende dieses Jahres erfolgen soll. Mit diesem Schritt, so die Erwartungen der Astronomen, beginnt eine neue Ära von Entdeckungen in der Geschichte der Astronomie.

“Dies ist ein wichtiger Meilenstein für das ALMA-Observatorium, da es Astronomen in Europa und anderenorts die Möglichkeit eröffnet, das vollständige ALMA-Observatorium mit seiner ganzen Empfindlichkeit und Sammelfläche zu nutzen”, so Wolfgang Wild, der europäische ALMA-Projektmanager.

Der ALMA-Teleskopverbund ist eine internationale astronomische Forschungseinrichtung, welche gemeinsam von verschiedenen europäischen, nordamerikanischen und ostasiatischen Instituten in Zusammenarbeit mit der Republik Chile getragen wird. Von europäischer Seite aus wird ALMA über die Europäische Südsternwarte (ESO) finanziert. Den nordamerikanischen Beitrag stellt die National Science Foundation (NSF) der USA in Zusammenarbeit mit dem kanadischen National Research Council (NRC) und dem taiwanesischen National Science Council (NSC). Für Ostasien ist das japanische National Institute of Natural Sciences (NINS) in Kooperation mit der Academia Sinica (AS) in Taiwan zuständig. Im Betriebsmodus erreicht das ALMA ein Auflösungsvermögen, welches die Auflösung früherer Himmelsbeobachtungen um einen Faktor von mehr als 10 übersteigt.

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